Geschichte Erinnerung an die jüdische Geschichte eines Hauses
Düsseldorf · Düsseltal Im November soll ein Kunstwerk mit Informationen an der Grafenberger Allee 78 aufgestellt werden. Es ist ein großes Gemeinschaftsprojekt.
Viele junge Leute gehen ein und aus in dem Haus Grafenberger Allee 78. Hier ist unter anderem eine Sprachschule beheimatet. Doch kaum jemand weiß um die Geschichte des Hauses, die eng mit der Geschichte der Juden in Düsseldorf verknüpft ist.
Bei einem Stolperstein-Rundgang in Düsseltal hatte Ben Klar, Stadtteilpolitiker der Linken in der Bezirksvertretung 2, davon erfahren. Da aber nichts auf die Geschichte des Hauses hinwies, wollte er dies ändern. Einstimmig beschloss das Stadtteilparlament im November 2018, dass man dort im Straßenbild ein Erinnerungszeichen setzen will.
In einer engen Zusammenarbeit mit der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf und Lehrern und Schülern des jüdischen Albert-Einstein-Gymnasiums kann dieses Projekt nun zügig umgesetzt werden. Astrid Wolters (Mahn- und Gedenkstätte) hofft, dass das Kunstwerk mit Informationen noch im November vor dem Haus eingeweiht werden kann.
Im vergangenen November besuchten die Schüler der damals siebten Klassen die Mahn- und Gedenkstätte und erfuhren mehr über die Geschichte des Hauses, in das nach der Pogromnacht im November 1938 die jüdische Volksschule von der Kasernenstraße zur Grafenberger Allee ziehen musste. „Sie waren zutiefst betroffen über das damalige Schicksal der jüdischen Schüler und Lehrer. Viele von ihnen haben keine Grabstätte.“ Mit der künstlerischen Gestaltung von Grafikdesignerin Suna Niemetz soll nun würdevoll an die Opfer des Nationalsozialismus und Bewohner des Hauses erinnert werden.
Das taten die heutigen Achtklässler des Albert-Einstein-Gymnasiums bereits am Dienstag im Sitzungsaal der Bezirksvertretung. Elina, Anna-Sophia, Maya, Masal und Elad trugen im Beisein ihres Lehrers Jonathan Grünfeld traurige und berührende Geschichten über die Menschen vor, die einst die jüdische Volkschule besuchten oder im Haus lebten.
So wie Kurt Lubascher, der 1926 geboren wurde. Seine Eltern führten zunächst eine Gaststätte im Haus Grafenberger Allee 78, das war von 1928 bis 1938. Und Kurt wohnte auch in dem Haus. Danach eröffnete die jüdische Familie eine Pension in der Steinstraße. Auch die wurde in der Pogromnacht demoliert. Kurt Lubascher kehrte an die Grafenberger Allee zurück, weil dort nun sein Unterricht stattfand. 1941 sollte die Familie deportiert werden. Der Vater von Kurt nahm sich daraufhin das Leben. Kurt und seine Mutter wurden ein Jahr später deportiert — und ermordet.
1942 diente das Haus in der Grafenberger Allee der Jüdischen Gemeinde auch als Altenheim. Rund 80 ältere Menschen, die zuvor an der Bilker Allee lebten, zogen nach Düsseltal. Doch noch im selben Jahr wurden sie nach Theresienstadt deportiert. Ida Sostheim war eine von ihnen. Ihre Geschichte und die des Jungen Kurt Lubascher hat Grafikdesignerin Suna Niemetz für das Kunstwerk inspiriert, das zwei Menschensilhouetten zusammenrücken läßt und auf eben diesen Silhouetten werden Fotos von Lubascher und Sostheim zu sehen sein.
Die Gestaltung, die den Zusammenhalt der Menschen symbolisieren soll, gefällt den Albert-Einstein-Gymnasiasten besonders gut. Sie werden Texte zur Geschichte des Hauses auf der Homepage ihrer Schule veröffentlichen. Die Bezirksvertretung finanziert das Erinnerungskunstwerk mit 11 500 Euro. Astrid Wolters dankte auch der Familie Bagel, die seit 1995 Besitzerin des Hauses ist. Sie habe das Projekt sehr wohlwollend begleitet und werde die Fläche auf ihrem Grundstück für die Aufstellung des Kunstwerkes vorbereiten. Das sei nicht unbedingt üblich, sagt Wolters.