Geschichte Der ehemalige Polizeipräsident arbeitet die Düsseldorfer Polizeigeschichte auf
Düsseldorf · Michael Dybowski ging vor 13 Jahren in den Ruhestand. Von seinem Büro an der Zietenstraße aus arbeitet er für den Verein „Geschichte am Jürgensplatz“.
Vor dreizehn Jahren ging Michael Dybowski als Polizeipräsident in den Ruhestand. Der inzwischen 78-Jährige hat sich seit damals nicht ein bisschen verändert. „Ich habe keine Zeit, alt zu werden“, lautet seine einleuchtende Erklärung. Vor zwei Jahren trat Dybowski die Nachfolge des verstorbenen Klaus Dönecke an und wurde Vorsitzender des Vereins „Geschichte am Jürgensplatz“. Seitdem arbeitet er die Düsseldorfer Polizeigeschichte auf: „Ich habe mich immer schon für Geschichte interessiert. Jetzt habe ich auch die Zeit dazu.“
Wegen des Umbaus des Polizeipräsidiums musste auch der Verein umziehen. Die Jüdische Gemeinde hat dem Verein ein Ausweichquartier zur Verfügung gestellt. Von dem Büro an der Zietenstraße aus betreut er die Projekte des Vereins. Ganz wichtig ist es ihm, dass die Dauerausstellung „Licht und Schatten“ wieder in das Polizeipräsidium zurückkehrt, wenn die Sanierung abgeschlossen ist. In der Schau wird die Polizeigeschichte von 1926 bis 1953 aufgearbeitet.
Warum genau diese Zeit? „1926 wurde die Polizei eine staatliche Behörde, vorher waren dafür die Kommunen zuständig“, so Dybowski. Nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden die Briten als Besatzungsmacht, dass die Oberbürgermeister wieder Polizeiverwalter sein sollen. Erst 1953 wurde die Polizei wieder eine staatliche Behörde: „Viele wissen nicht, dass die Polizei früher auch ganz andere Aufgaben hatte, zum Beispiel die Wohlfahrt. Sie war für das Sozialamt, das Jugendamt, aber auch für Baurecht zuständig. Erst 1930 wurde entschieden, dass die Polizei ausschließlich für die Gefahrenabwehr zuständig sein soll.“
Drei Jahre später begann auch für die Düsseldorfer Polizei eine düstere Zeit: „Es wurde die Hilfspolizei gegründet. SA und SS gehörten zwar grundsätzlich auch zur Polizei, operierten aber völlig eigenständig. Für die Nazis spielte Recht keine Rolle, es war eher hinderlich.“ Auch in Düsseldorf wurden Regimegegner verfolgt, gejagt und verprügelt. Besonders berüchtigt war der Keller der Brauerei Schlegel an der Bismarckstraße. „Das war ein SA-Lokal. Im Keller wurde brutal gefoltert. Es gab auch so etwas wie wilde KZs“, erzählt der ehemalige Polizeipräsident. Der Künstler Karl Schwesig war selbst Opfer und hat die grausamen Szenen später in einer Reihe von 48 Zeichnungen dargestellt.
Ein weiteres wichtiges Projekt will der Verein „Geschichte am Jürgensplatz“ zu Ende bringen. Klaus Dönecke hatte damit begonnen, ein Buch über das „Polizeibataillon 67“ zu schreiben. Dybowski: „Das war eigentlich in Essen stationiert, aber dort wurden auch viele Düsseldorfer Polizeibeamte eingesetzt, weil es hier kein eigenes Bataillon gab.“ Denn nicht nur Soldaten wurden während des Zweiten Weltkrieges verlegt, auch viele Polizeibeamte mussten im Ausland Dienst verrichten. Das „Polizeibataillon 67“ war zunächst in den Niederlanden, dann in Ost-Polen aktiv: „Dort sind auch viele Untaten verübt worden.“ Dies sei ein Beispiel dafür, wie auch die Polizei damals immer tiefer in die Nazi-Verbrechen verstrickt wurde.
Aufgegeben hat der Verein die Suche nach einem vermeintlichen Nazi-Bunker unter dem Polizeipräsidium: „Dafür haben wir zwar Baupläne gefunden, die stammen aber aus dem Dezember 1944. Der Bunker ist nie gebaut worden. Vermutlich weil es kein Material dafür gab.“ Dafür hat der 78-Jährige inzwischen Baupläne für einen weiteren Bunker gefunden, der in Kaiserswerth neben der Brücke am Klemensplatz geplant war. Der geplante Bunker war wohl Ausweichquartier für die Luftschutzbefehlstelle der Düsseldorfer Polizei in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bunker des Befehlshabers der Ordnungspolizei, sei aber ebenfalls wohl nie realisiert worden. Dybowski: „Die Nazis hatten die Wirkung der Bomben unterschätzt. Das gesamte Bunker-Programm wurde erst 1942 auf den Weg gebracht.“ Zusammen mit Heimatfreunden aus Kaiserswerth forscht er zurzeit weiter an der Bunkergeschichte.
Daneben arbeitet Dybowski auch noch an einem eigenen Buch zur Geschichte des Polizeipräsidiums. Das soll fertig sein, wenn der Umbau des Gebäudes abgeschlossen ist, also spätestens 2023. Außerdem engagiert sich der Ex-Polizeichef noch in zwei anderen Organisationen. Er ist katholischer Vertreter des Vereins für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und Vorstandsmitglied des Franz-Sales-Hauses in Essen, einer Behinderteneinrichtung.
Sport treibt Dybowski übrigens nicht: „Aber ich gehe viel zu Fuß. Ich habe in meinem ganzen Leben kein eigenes Auto gehabt.“ Offenbar hält das gesund – und jung.