Fazil Say: Ein Pianist zwischen sanft und brachial

Der Pianist Fazil Say gab in der ausverkauften Tonhalle einen Klavierabend mit Werken von Mozart, Beethoven, Satie und einer Eigenkomposition.

Foto: Susanne Diesner

Düsseldorf. Seinen ersten Klavierunterricht erhielt er von einem Lehrer, der das Improvisieren förderte, an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf erhielt der türkische Pianist Fazil Say (47) sein klassisches Rüstzeug. Entdeckt wurde sein Talent durch den Klavierprofessor David Levine und den Komponisten Aribert Reimann bereits in den 80er Jahren bei einem Workshop.

Heute genießt Fazil Say sowohl als Pianist als auch als Komponist internationale Bekanntheit. Berühmt-berüchtigt ist er für seine unkonventionellen Interpretationen und ein energisches Temperament an den Tasten.

Jetzt gastierte Fazil Say mal wieder in der Tonhalle und ließ seiner interpretatorischen Fantasie an Klaviersonaten Wolfgang Amadeus Mozarts und Ludwig van Beethovens freien Lauf. Zu Gehör kamen auch kurze Stücke des Franzosen Erik Satie und eine eigene Komposition. Der Saal war voll und alle Karten waren verkauft.

Der meinungsfreudige Künstler, der aufgrund politischer Äußerungen in seiner Heimat aneckte, besitzt eine etwas einnehmende Art. So emotional aufgeladen, brachial, aber auch sanft seine eigenen Klavierstücke, so impulsiv geraten auch die Darbietungen fremder Kompositionen. Fazil Say spielt sehr subjektiv und neigt zu Übertreibungen. Nicht immer geht das gut.

Im Bezirk der Wiener Klassik hat sich Fazil Say unlängst häuslich eingerichtet, beispielsweise in Form einer Gesamteinspielung sämtlicher Mozart-Klaviersonaten. Darin liegt ein Bekenntnis zur klassizistischen Musikwelt mit ihren vorgegebenen Formen. Die Grenzen künstlerischer Freiheit sind hier besonders eng gesteckt. Doch Fazil Say kümmert’s wenig. Er umarmt die Musik vollständig in seiner ungestümen - aber leider auch etwas unreflektierten - Art.

Mozarts Sonate F-Dur, Köchel-Verzeichnis 332, ist ein melodiöses, aber auch sehr fein ziseliertes Opus. Wie in der klassischen Epoche des späten 18. Jahrhunderts oft anzutreffen, gibt es zwar Kontraste zwischen lyrischen und dramatischen Episoden, doch ob diese so marktschreierisch feilgeboten werden müssen wie bei Fazil Say, ist doch sehr die Frage: Er überpointiert sowohl das Sanfte wie auch das Kraftvolle. Das führt zu einem recht unelegant grob gestrickten Gesamtbild.

Auch Beethovens „Pathétique“ op. 13 verliert an musikalischer Prägnanz durch Says überschwänglichen Zugriff. Warum der Pianist die gravitätische Einleitung so drängend spielt, bleibt sein Geheimnis. Jedenfalls schwächt dies den Effekt des darauf folgenden Allegro-Teils.

Dass unterdessen eine sehr gefühlsbetonte Spielweise nicht auch gleich dieselben Emotionen beim Hörer wecken muss, zeigt die recht sentimentale Darbietung des langsam-gesanglichen Mittelsatzes.

Die sechs „Gnossiennes“ von Satie überzeugen sehr viel mehr. Das Meditative und musikalisch Freie bringt Fazil Say suggestiv zum Ausdruck. Und dass er der ideale Interpret der eigenen Stücke ist, versteht sich von selbst. „Hommage à Atatürk“ heißt die viersätzige Eigenkomposition.

Zwischen der Sanftheit der Morgenstimmung auf einer unberührten Blumenwiese und brachialen perkussiven Effekten rangiert das Ausdrucksspektrum. Hier ist Fazil Say auch pianistisch ganz bei sich. Starker Beifall.