Filmprojekt der FH: Obdachlos für die Diplomarbeit
Zwei Studenten der Fachhochschule haben fünf Tage lang auf der Straße gelebt und über ihre Erlebnisse einen Film gedreht. Für beide war es ein ziemlich extremes Erlebnis.
Wuppertal. Jürgen Heinik hat sich nochmal richtig ausgeschlafen. In seinem warmen Zimmer, in seinem Bett, unter der warmen Decke. Nochmal geduscht. Dann zieht er sich seine ältesten Klamotten an, fährt in die Altstadt, holt sich seinen Fiftyfifty-Verkaufsausweis ab und ist für fünf Tage obdachlos. Er und seine Kommilitonin Sabrina Exler haben einen Film für ihre Diplomarbeit an der FH über ihr kurzes Leben auf der Straße gedreht. Er ist jetzt als DVD erhältlich.
"Es war ein komisches Gefühl", erzählt der 31-Jährige heute, ein Jahr nach dem Experiment. Sabrina und er sitzen damals bei den Streetworkern von Axept in der Kurzen Straße, trinken einen Kaffee. Es ist sechs Uhr in der Früh. Und dann sollen sie hinausgehen und so tun, als gäbe es das warme Bett der vergangenen Nacht nicht. Obdachlosigkeit - eins, zwei, drei und los.
Die beiden wollen sich mit dem Verkauf der Straßenzeitung ihre erste Mahlzeit verdienen - Bares oder eine EC-Karte haben sie nicht bei sich. Für Jürgen eine Überwindung, er lernt schnell: "Es wird viel weggeschaut." Aber auch gelächelt. Ab und zu. Und manchmal kauft einer die Zeitung. So geht der Tag um: Genug Geld zusammenbekommen, irgendwohin, wo es Mittagessen gibt, wieder Geld sammeln, irgendwohin, wo es Abendessen gibt. Der Tag auf der Straße hat eine einfache, klare Struktur.
Eine Grenzerfahrung ist das Projekt für beide dennoch. Eigentlich wollen sie eine Woche durchhalten. Nach fünf Tagen brechen sie ab. "Wir haben uns gegenseitig total genervt", erinnert sich Jürgen. Ständig gibt es Krach um Banalitäten. "Das ständige Unterwegssein, das ständige Aufs-Geld-schauen ..." Sie können nicht mehr.
Die erste Zeit zu Hause vergeht für Jürgen wie in Zeitlupe. Alles ist besonders: ein heißes Bad, das Teekochen. Alles weiß er zu schätzen. Diese Gelassenheit versucht er sich bis heute immer wieder mal ins Bewusstsein zu rufen - aber das Besondere ist inzwischen eben doch alltäglich. Manchmal hat er darüber nachgedacht, einen zweiten Teil zu drehen, gibt Jürgen zu: "Aber ich habe eine Riesenhemmung."
Heute Jürgen Heinik (31) arbeitet inzwischen in einer offenen Ganztagsschule. Sabrina Exler (27), die schon eine Ausbildung zur Erzieherin hat, ist jetzt in Köln selbst Streetworkerin.
Film Den Film "Irgendwie dazwischen" (28 Minuten) gibt es für zehn Euro bei Volker Schulz in der FH Düsseldorf unter Telefon 8114610. Man kann ihn auch kostenlos im Netz ansehen: