Straßen.NRW stellt Pläne vor Die Fleher Brücke soll neu gebaut werden

Düsseldorf · Ein neues Gutachten schließt die Öffnung von sechs Spuren nach der Sanierung aus. Kritische Töne kommen von ADAC und IHK.

Die Fleher Brücke aus der Vogelperspektive. Auf ihr quert die A 46 den Rhein bei Düsseldorf.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Die Fleher Brücke wird abgerissen und neu gebaut. Diese überraschende Nachricht gab Straßen NRW am Mittwoch mit Verweis auf ein neues Gutachten bekannt. Dem zufolge werde „es technisch nicht möglich sein, die Brücke so zu sanieren, dass sie wieder für den sechsspurigen Verkehr freigegeben werden kann“. Das allerdings hatte der Landesbetrieb seit Beginn der aktuellen Reparaturarbeiten stets anders dargestellt.

Etwas konkreter wurde NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) in seinem Bericht an den Verkehrsausschuss des Landes. Die neue Einschätzung traf demnach ein Expertengremium bestehend aus externen Gutachtern, Vertretern von Straßen NRW sowie den Verkehrsministerien von Land und Bund. Hintergrund seien Schädigungen an „den Querrahmen, Material- und Fertigungsmängel der Stahlkonstruktion sowie nicht prüfbare Seilverankerungen des Haupttragwerks“. Zudem entspreche der verbaute Stahl nicht mehr den heutigen Anforderungen, die Verbindung der Bauteile nennt Wüst „nicht ermüdungssicher“. So sei „keine reguläre Einschätzung der Ermüdungsfestigkeit und damit der Lebensdauer der vorhandenen Strombrücke“ möglich.

Zum Hintergrund: Im April 2018 waren bei Routinekontrollen Risse in den Trägern der an den Rändern überstehenden Fahrbahnplatte festgestellt worden. Die Sanierungsarbeiten waren von Straßen NRW auf eine Dauer von fünf Jahren anberaumt worden. Die Risse in den so genannten Schrägstreben wurden zunächst nachgeschweißt und sollten dann zum Teil verstärkt werden. Diese Arbeiten können laut Straßen NRW nun bereits in diesem Jahr abgeschlossen werden, so dass der Verkehr dann auf jeder Brückenseite zweispurig fließen kann. Das soll „bis zur Fertigstellung des Ersatzneubaus“ durchgehend möglich sein, auch für den Schwerlastverkehr und Sondertransporte. Aber: Sechsspurig wird der Verkehr dort auf absehbare Zeit nicht mehr fließen. Die Brücke bleibt ein Nadelöhr.

Wie Abriss und Neubau ablaufen und wie hoch die Kosten sein werden, beantwortet Straßen NRW nicht. Die Planungen befänden sich in einem zu frühen Stadium. Mit der Fertigstellung rechne man in den 2030er Jahren, die neue Brücke soll zudem wieder sechs Spuren haben.

Zum Vergleich: In Leverkusen wird an der A 1 die neue Brücke neben der alten gebaut. Ist die erste Hälfte fertig, soll der Verkehr über diese fließen. Nach Abriss des alten Bauwerks wird der zweite Teil des Neubaus erstellt. In Düsseldorf ist noch offen, ob die Theodor-Heuss-Brücke neu gebaut werden muss. Die Stadt geht von einer Entscheidung im ersten Halbjahr 2021 aus. Zur Fleher Brücke sagte Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU): „Ich begrüße es, dass das Land frühzeitig in die Planung zum Neubau einsteigt.“

Es gibt jedoch auch kritische Stimmen, etwa von ADAC-Experte Roman Suthold mit Blick auf marode Brücken im ganzen Land. Aus seiner Sicht hätte die Politik früher reagieren müssen. So sei bereits 1999 aus einem Entwurf des Bundesverkehrswegeplans und spätestens aus dem Bericht der von der Bundesregierung eingesetzten Pällmann-Kommission im Jahr 2000 hervorgegangen, dass großer Handlungsbedarf bestehe. Es sei denkbar, dass Neubauten zu verhindern gewesen wären. Auch die Sanierungskosten hätten niedriger ausfallen können, sagt der Leiter des Fachbereichs „Verkehr und Umwelt“ beim ADAC Nordrhein.

Zumal es aktuell ein Problem bei der Umsetzung von Brückensanierungen gebe. Die wenigen Statik-Experten seien ausgelastet und sie hätten ihre Honorare zudem kräftig erhöht. Die Sanierungen seien heute also teurer und dauerten länger.

Kritische Töne gibt es auch von IHK-Hauptgeschäftsführer Gregor Berghausen: „Bereits 2017 haben wir gewarnt: Das Rheinland steht aufgrund jahrelanger Investitionsversäumnisse in die Infrastruktur vor dem Verkehrskollaps – mit massiven Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung Nordrhein-Westfalens.“ Zwar habe man der Brücke damals aufgrund der Instandsetzung des Pylons noch einen guten Zustand attestiert, „aber hier haben uns die Verkehrsentwicklung wie auch der fortschreitende Verfall der Brücke eingeholt“.

Künftig müssten „die Investitionen in die Infrastruktur erhöht und die Planungskapazitäten angepasst werden“. Berghausen dankt NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) allerdings, letztgenannter Forderung bereits entsprochen zu haben. Nun hoffe die IHK auf die Aufnahme des Bauwerks in das beschleunigte Planverfahren, wie das auch bei der Leverkusener A 1- und der Duisburger A 40-Brücke der Fall war.