Düsseldorf Fußballtrend: Profi-Methoden schon bei den Jüngsten

Immer häufiger stehen Scouts von Bundesligisten am Spielfeldrand. Während Eltern auf die große Karriere hoffen, stehen Kinder früh unter Druck.

Foto: David Young

Düsseldorf. Immer häufiger sichten Scouts von Fußball-Bundesligisten selbst die jüngsten Jahrgänge Düsseldorfer Clubs nach vermeintlichen Talenten. Beispielsweise beim Traditionsclub Turu. „Wir kennen die meisten von ihnen“, bestätigt Angelika Eickels, Leiterin der Nachwuchsabteilung. Demnach gehören Vertreter der Vereine von Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen zu den ständigen Gästen an der Feuerbachstraße.

Das Jugendlager der Turu ist schließlich sportlich gut aufgestellt. A-, B-, C- und D-Junioren spielen in der Leistungsklasse. Ziel ist laut Eickels künftig eine breite Präsenz in der höheren Niederrheinliga. Wer in letzterer seinen Meister macht, darf sogar in der Junioren-Bundesliga antreten. Entsprechend ambitioniert sind auch die Kleinsten, die schließlich später in den hohen Klassen eine gute Figur machen sollen. Doch genau dort fischen bereits die Proficlubs. „Beispielsweise in der F-Jugend“, sagt Eickels. Dort sind die Kinder gerade mal acht Jahre alt.

Verantwortlich für diesen Handel mit der Ware Kind sind laut Eickels übrigens nicht in erste Linie die Vereine. „Das sind die Eltern.“ Sie würden ihre Kinder zu Sichtungstrainings und Tagen der offenen Tür bei den Proficlubs schicken. Kinder, die die Aufmerksamkeit geweckt hätten, würden dann bei den Spielen des eigenen Vereins beobachtet.

Die Abteilungsleiterin sieht die Entwicklung mit großer Sorge. „Ich erzähle den Eltern, dass ihre Kinder nach einem Jahr zurückkommen. Sie werden dort fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Hier sind sie gut, dort nur ein Kind von vielen.“ Aber die Eltern setzten auf die Fußballkarriere ihres Sohnes.

„Das ist so wie bei den Tennis-Eltern damals“, sagt Markus Hirte. In Anlehnung an den Boom der Sportart, als Boris Becker und Steffi Graf ihre großen Zeiten hatten. Hirte ist Leiter des Nachwuchszentrums von Fortuna Düsseldorf und auch als ehemaliger Verbandssportlehrer beim Fußballverband Berlin und sportlicher Jugendleiter beim HSV ausgewiesener Experte.

„Eltern sind sehr viel aktiver geworden“, sagt er und beschreibt damit nicht nur den Glauben vieler Eltern, dass ihr Kind es schaffen könne. „Sie mischen sich auch immer häufiger ein.“ Beispielsweise, wenn die Kinder ausgewechselt oder gar nicht aufgestellt würden.

Auch bei Fortuna spüre man, dass immer mehr Eltern einen großen Fußballstar in ihren Reihen heranwachsen sähen und bei dem Zweitligisten um ein Testtraining bitten würden.

Zwei Mal im Jahr bietet der Verein deshalb Talenttage an. „Wir nehmen den Eltern das nicht übel, wir gehen den Hinweisen nach“, sagt er. Aber Hirte gibt zu bedenken, was das für die Kinder bedeute, die häufig einem viel zu hohen Druck ausgesetzt würden. „Das setzt viel zu früh ein.“ Und ein Profi werde nur, wer persönlich Leidenschaft und Begeisterung für den Sport mitbringe. Und nicht, um den Ehrgeiz der Eltern zu befriedigen.

Die Experten des Vereins könnten sehr gut beurteilen, ob es sich bei dem jungen Fußballer tatsächlich um ein Talent handele. Aber man achte genau darauf, wie sich das Kind entwickele und ob es überfordert werde. Lasse die Schulleistung nach, gebe es die rote Karte: „Wir lassen uns die Zeugnisse zeigen, weil wir wollen, dass die Jungs einen Schulabschluss haben.“ Und zwar nicht nur, weil der Glaube an eine große Karriere auf wackligen Beinen stehe. Hirte: „Wer keinen Ehrgeiz hat, einen vernünftigen Abschluss zu machen, der wird auch im Fußball nicht dauerhaft erfolgreich sein.“