#4U9525 Germanwings-Absturz: Ganz nah dran — ganz weit weg

WZ-Reporter Volker Eckert war einer der ersten Journalisten am Airport, Kollegin Juliane Kinast gerade in Australien. Zwei Erfahrungsberichte.

Foto: dpa

Düsseldorf. Die Ankunftsebene des Düsseldorfer Flughafens, etwa 12 Uhr am 24. März 2015. Es ist ruhig. Eine junge Frau geht eilig auf einen Mann zu, wirft sich ihm in die Arme, ihr ganzer Körper zittert. Dann werden beide von einem Flughafen-Mitarbeiter weggeführt. WZ-Reporter Volker Eckert ist als einer der ersten Journalisten vor Ort. Mit einem sehr mulmigen Gefühl.

Zu diesem Zeitpunkt wissen Medien und Öffentlichkeit noch sehr wenig, offenbar ist die Germanwings-Maschine 9525 auf dem Weg nach Düsseldorf verunglückt. Vor wenigen Minuten war die vage Nachricht in der Redaktion eingetroffen und sofort klar gewesen: Jemand muss zum Airport. Auf dem Weg schießen Gedanken durch den Kopf: Was erwartet mich dort, etwa Freunde und Angehörige, die im Terminal bange auf die Anzeige schauen? Die journalistische Neugier tritt zurück: Ich möchte niemanden interviewen, der vielleicht gerade einen nahen Menschen verloren hat.

Trauerfeier für die Opfer des Germanwings-Absturzes
21 Bilder

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Doch wie sich zeigt, hat der Airport schnell reagiert. Weitere Betroffene sind nicht zu sehen, die Menschen werden schnell an einen abgeschirmten Ort gebracht. Trotzdem ist am Flughafen die Katastrophe überall spürbar. Die TV-Bildschirme bleiben merkwürdig schwarz, tiefe Betroffenheit am Germanwings-Schalter. Der Absturz spricht sich rasend schnell herum, viele steigen mit großer Beklemmung in ihre Maschine.

Langsam sickert dann die Gewissheit durch: Niemand hat den Absturz überlebt. Zu hören ist auch, dass ein Kollege eines Boulevardmediums versucht hat, sich als Angehöriger auszugeben, um in den Raum zu gelangen, in dem die Familien betreut werden — es ist alles kaum zu fassen ...

Und das nicht nur direkt vor Ort. Das Gefühl umspannt die Welt. In Australien erfährt WZ-Redakteurin Juliane Kinast im Sabbatjahr von dem Unglück. Durch eine italienische Backpackerin im Hostel, spätabends: „Hey, du bist doch aus Deutschland. Da gab es einen Absturz ...“

Die Folge sind verzweifelte Kontaktversuche über soziale Netzwerke: Waren Freunde, Menschen, die man irgendwie kennt, an Bord? Sucherei auf deutschen Internetseiten nach Informationen, die man sonst als Journalistin ganz automatisch erhalten hätte — das australische TV beschränkt sich auf die eine australische Opferfamilie; wäre im umgekehrten Fall ja nicht anders.

Das richtige Wort für die folgenden Tage und Wochen ist wohl: surreal. Die „Prosecutors“ der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, mit denen man unzählige Pressekonferenzen hatte, zitiert in der Zeitung „The Australian“ zu finden. Dass plötzlich jeder Australier neben Berlin und Munich meine Heimatstadt „Dusseldorf“ kennt. Es geht einem so nah — und man ist so weit weg. Und ein bisschen erleichtert, dass man eben nicht als einer der Ersten am Airport sein musste.