Gewinn-Aktion: Schick machen für ein neues Leben
Eine Stilberaterin hat vier Männern aus dem Haus für Wohnungslose der Diakonie zu einem neuen Look verholfen.
Düsseldorf. Als Henning Hoppe zum ersten Mal ein richtiges Hemd mit Kragen und Knöpfen anzieht, ist er 22 Jahre alt. "Eingeengt" habe er sich dabei gefühlt, sagt er. Aber nicht lange. Schon nach kurzer Zeit ändert er seine Körperhaltung, fühlt sich immer wohler und posiert schließlich mit Jackett, Hemd und Designer-Jeans im Modeladen, als hätte er nie etwas anderes angehabt.
Dabei kennt er den Mode-Glamour höchstens aus dem Fernsehen: Hoppe lebt im Haus für wohnungslose junge Männer der Diakonie. Wirkt still und schüchtern. Er hat, wie alle hier, eine schwierige Geschichte.
Adoption, Vernachlässigung, Suchtprobleme, Verschuldung, Arbeitslosigkeit, Verwahrlosung und schließlich das Leben auf der Straße: Junge Männer, die im Abwärts-Strudel der Gesellschaft untergehen, landen - wenn sie Glück haben - irgendwann hier. Doch das Haus soll keine Endstation sein.
Deswegen hat Hoppe mit vier Mitbewohnern an einer Outfit-Beratung teilgenommen, die Sozialarbeiterin Carola Schüler nun mit Modedesignerin und Personal-Shopperin Thekla Tillmann zum zweiten Mal auf die Beine gestellt hat.
Bei der Aktion "Düsseldorf gewinnt", einer Leistungsbörse von Wohlfahrtsverbänden und der Unternehmerschaft Düsseldorf, war 2008 der Kontakt zustande gekommen. Die Berater von KPMG und das Modelabel Filippa K sponsern das Projekt.
"Wir wollten den Jungs neue Perspektiven zeigen und sie auf Bewerbungsgespräche vorbereiten", sagt Sozialarbeiterin Carola Schüler. Mode-Expertin Tillmann simuliert Vorstellungsgespräche und kümmerte sich um das Äußere: "Dabei geht es nicht darum, sie zu verkleiden, sondern ihnen Sicherheit im Auftreten zu geben." Außerdem sollte die Persönlichkeit des Einzelnen zur Geltung kommen.
Im Fall des 24-jährigen Felix Block hat es bereits funktioniert. Er fängt demnächst eine Ausbildung zum Altenpfleger an. "Ich habe mich in den neuen Klamotten viel sicherer gefühlt", sagt er. Und das echte Bewerbungsgespräch sei auch nur halb so schlimm gewesen wie der Probedurchgang mit Tillmann.
Die Beraterin, die sonst eher für betuchte Kunden durch Edel-Boutiquen zieht, hatte nicht mehr verkäufliche Designer-Kleidung besorgt und die Outfits dann mit schicken Klamotten im Wert von 845 Euro komplettiert. Viel mehr Geld als die vier Männer sonst zum Leben haben.
Der Effekt der Shopping-Tour ist offensichtlich: In einem Sakko bewegt man sich anders als im Kapuzenpulli. Kleider machen eben Leute. "Das hat mir neues Selbstvertrauen gegeben", sagt etwa Christian Kocks (24), der sich jetzt öfter schick machen will und alle anderen nicken. Vielleicht sind die feinen Klamotten der Anfang eines neuen Lebens.