„Händler sollten über verkaufsoffene Sonntage entscheiden“

Der Präsident des Einzelhandelsverbands NRW, Michael Radau, spricht darüber, wie man aus seiner Sicht das neue Landeöffnungsgesetz noch verbessern könnte und welche Unterhaltung Kunden künftig im Geschäft erwartet.

Foto: Young David (DY)/Archiv

Düsseldorf. Michael Radau war beim Jahresempfang der Handelsverbände Montagabend im Hyatt Teil eines ungewöhnlichen Gesprächskreises. Zum Talk auf der Bühne kam er als Präsident des Handelsverbands NRW nicht nur mit dem Vorsitzenden des Handelsverbands Rheinland, Friedrich Conzen, zusammen. Auch Auszubildende diskutierten mit beim Thema „Handel der Zukunft“. Über die aktuelle Lage und die Herausforderungen des Jahres sprach unsere Redaktion mit Radau.

Welche Botschaft sollen die Gäste Ihres Jahresempfangs für 2018 mitnehmen?

Michael Radau: Das Jahr steht für mich unter dem Motto „Wir brauchen alle Kräfte gemeinsam, um die Herausforderungen zu meistern“. Das meint alle Kräfte aus dem Handel selbst, aber auch aus Politik und Verwaltung. Ich fürchte, dass vielen Einzelhändlern noch nicht klar ist, was da auf sie zukommt.

Und die Politik?

Radau: Mit Andreas Pinkwart haben wir einen Minister, der verstanden hat, worum es geht. Aber ich würde mir aus der Politik insgesamt mehr Mut wünschen.

Wie sähe der aus?

Radau: Nehmen Sie als Beispiel das neue Ladenöffnungsgesetz. Das ist gut, aber es reicht nicht, nur Rechtssicherheit herzustellen. Es ist gar nicht so entscheidend, ob wir nun vier, sechs oder acht verkaufsoffene Sonntage haben. Die Entscheidung liegt in der Hand der Kommunen, der Stadträte, und bleibt damit für die Einzelhändler willkürlich.

Was schlagen Sie alternativ vor?

Radau: Das Gesetz sollte den Rahmen regeln und bestimmte Tage ausschließen. Im Übrigen aber sollte die Entscheidung ohne größeren Begründungsaufwand in den Händen der Handelnden liegen, also der Verbände und Händlergemeinschaften.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie sich mit dieser Ansicht noch durchsetzen?

Radau: Wir werden noch viele Gespräche führen, und ich hoffe, dass die entscheidenden Erkenntnisse noch kommen werden. Sie sprachen am Anfang von Herausforderungen.

Die Digitalisierung zählt zweifellos dazu. Wo stehen die Einzelhändler Anfang 2018?

Radau: Jeder muss seine Prozesse digitalisieren, aber jeder muss auch schauen, bei welchen Prozessen das vernünftig ist. Dazu brauchen die Händler Hilfe. Das Problem ist: Zu den Informationsveranstaltungen kommen die, die sich ohnehin schon auskennen und noch mehr machen wollen. Diejenigen, die es dringend bräuchten, trauen sich nicht. Genau die müssen wir erreichen. Ich hoffe, dass wir ein System mit Digitalpaten aufbauen können.

Welche Folgen hätte es, wenn Ihnen das nicht gelingt?

Radau: Uns muss klar sein: Was wir jetzt in den Innenstädten oder Stadtteilen verlieren, ist unwiederbringbar. Dort erodiert nicht nur der stationäre Handel. Auf den Handel folgt die Gastronomie, auf die Gastronomie das Vereinswesen.

Wie sehen Sie Düsseldorf in diesem Prozess aufgestellt?

Radau: Düsseldorf ist gut, aber nicht führend. Es ist eine starke Handelsstadt, ich habe aber nicht das Gefühl, dass das überall so bewertet wird.

Wo gibt es aus Ihrer Sicht Nachholbedarf?

Radau: Zum Beispiel beim Verkehr. Mögliche Fahrverbote, die hohen Parkgebühren, der Zustand des ÖPNV - das alles sind Punkte, die dazu führen können, das Kunden nicht mehr zu den Händlern fahren. Die Veränderungen sind im Moment schneller als die Gegenmaßnahmen.

Das sind die verkehrlichen Wünsche der Kunden. Wie sieht Digitalisierung aus Sicht der Kunden aus?

Radau: Die Händler müssen lernen, dass sie keine Riesenwarenlager brauchen. Sie müssen sich vielmehr so organisieren, dass sie den Kunden anschaulich die Produkte präsentieren und dann schnell dorthin bekommen, wo der Kunde sie gerne hätte, also nach Hause oder ins Büro. Neben diesem Service ist den Kunden Entertainment wichtig.

Warum?

Radau: Der stationäre Handel muss einen Mehrwert gegenüber dem Internet bieten. Service ist eine Möglichkeit, das andere sind Veranstaltungen oder Aktionen. Davon hängt entscheidend ab, ob ein Kunde noch zu einem Geschäft geht oder fährt.

Welchen Einfluss haben solche Veränderungen auf die Logistik?

Radau: Die Logistik der Zukunft ist leider noch nicht erfunden. Fest steht aber, es kann nicht sein, dass wie im Moment ein Viertel von acht Kleinlastern pro Tag angefahren wird. Da brauchen wir intelligentere Lösungen.

Welche Bedeutung hat die Eröffnung von Edeka Zurheide an der Berliner Allee in der kommenden Woche?

Radau: Ich habe großen Respekt vor dem Mut und den Innovationen der Familie Zurheide. Für die Düsseldorfer Innenstadt ist das ein tolles Zeichen. Ich hoffe, dass genügend Düsseldorfer und Auswärtige das durch ihre Einkäufe honorieren. Das ist ein großer Meilenstein, wir brauchen aber auch noch kleine.

Welche zum Beispiel?

Radau: Innovative kleine Einheiten. Uns fehlt in Düsseldorf und NRW leider ein wenig der Gründermut.