Düsseldorf. Nein - eine reiche Braut kam 1909 mit der Eingemeindung von Himmelgeist nicht nach Düsseldorf. In nur einem Jahr Selbstständigkeit hatte der Gemeinde einen solchen Schuldenberg angehäuft, dass sie nicht mehr überlebensfähig war.
Die Vermögenswerte (bestehend aus Bargeld, Grundbesitz, Schulgebäude und Spritzenhaus) beliefen sich damals gerade mal auf 37 346 Mark, dem standen Schulden in Höhe von 50 778 Mark (umgerechnet 600 000 Euro) gegenüber. Als Himmelgeist am 1. April 1909 zu Düsseldorf kam, war das auf den ersten Blick ein Minusgeschäft.
Vorausgegangen war ein kleiner Krimi. Schon 1903 zog es nämlich das mit Himmelgeist vereinte Wersten zu Düsseldorf, wo die besseren Konditionen bei der Strom,- und Gasversorgung geboten wurden. Das agrarisch geprägte Himmelgeist stand dagegen dem Anschluss an Düsseldorf skeptisch gegenüber, 1904 wurde eine mögliche Eingemeindung mit einer Gegenstimme abgelehnt.
Und so gingen die (immer noch vereinten) Ortsteile Wersten und Himmelgeist von nun an getrennte Wege. Am 1. April 1908 kommt Wersten zu Düsseldorf, Himmelgeist wird offiziell selbstständig. Dieser Traum währte aalerdings nur wenige Stunden, denn schon am Nachmittag des Eingemeindungstages versuchte der Benrather Bürgermeister Julius Melies, die Himmelgeister Selbstständigkeit aufzulösen und den Ort dem Benrather Areal zuzuschlagen.
Doch die Himmelgeister wehrten sich standhaft. Wenn sie schon geschluckt werden sollten, dann doch lieber von Düsseldorf. Unterstützung bekamen sie vom größten Grundbesitzer vor Ort, dem Herzog Engelbert Maria von Arenberg, der rege Kontakte nach Düsseldorf unterhielt und keine nach Benrath.
Aber auch die Düsseldorfer entdeckten bald ihr Herz für Himmelgeist - vor allem als Ausflugsziel. In den 1920er Jahren strömten die Städter teilweise in Bussen zur damals größten Gaststätte vor Ort, dem Haus Bärenkamp.
Über 100 Jahre lang war die vor 30 Jahren aufgegebene Gaststätte Zentrum des Dorflebens: Man traf sich dort zu politischen Versammlungen, es wurde Theater gespielt oder geheiratet. Noch aus den 1960er Jahren wird berichtet, dass sich zu Muttertag regelmäßig "die Damen von der Rethelstraße" einfanden, um einmal ohne Herren Kaffee zu trinken und zu plaudern. Was für die Dorfbewohner immer eine Sensation war.
Der breite Sandstrand am Rheinbogen lockte (und lockt immer noch) zudem Wanderer und Badegäste. In den 1950er Jahren kam sogar ein Hauch von Rimini auf, wenn die Großstädter im Sonntagsstaat und mit blankpolierten Autos anrollten, um an dem weißen Strand Picknick zu machen, oder dort ihr Bötchen ins Wasser zu lassen. Auf alten Fotos ist das Ufer mit Autos übersäht. "Selbst wenn heute die Auto nicht mehr heranfahren dürfen, an dem Andrang an schönen Sommertagen hat sich bis heute nichts geändert", sagt Klaus Geller vom Verein 1100 Jahre Himmelgeist.
Stapelweise sammelt er Fotos aus dem alten Himmelgeister Dorfleben. Denn trotz der Zugehörigkeit zu Düsseldorf hat Himmelgeist seinen Charakter nur unwesentlich verändert. Auf den Feldern wird immer noch geackert - wenn auch nicht mehr mit dem Pferd. Und am Rheinufer lag ein so genanntes Versorgungsboot - quasi als Büdchen für vorbeifahrende Schiffer - auf dem man sich mit Waren für den täglichen Bedarf eindecken konnte.
Im Dorf gab es einen Musikverein, einen Fußballverein, jede Menge Handwerksbetriebe, darunter auch Schmieden, und - fast schon städtisch - sogar ein Taxiunternehmen. das meiste ist allerdings verschwunden, auch von den drei Lebensmittelläden ist nur einer übrig geblieben.