„Hinschauen statt Weggucken ist keine Selbstverständlichkeit“

Die Stadt empfängt Träger der silbernen Ehrennadel, eine Auszeichnung für Zivilcourage.

Düsseldorf. Paul Wülfing unterscheidet sich nicht von anderen zwölfjährigen Düsseldorfer Jungen. Der Schüler des Görres-Gymnasiums schwimmt und liest gerne, oder geht mit seinem Hund Bola am Rhein spazieren. Als er Bola am 25. Januar auf den Oberkasseler Rheinwiesen ausführt, hört er ein dumpfes Klatschen. Zuerst denkt Paul an einen Stein, dann merkt er, dass eine Frau im Wasser treibt. In dieser Situation, wo andere in Panik verfallen würden, behält der Gymnasiast die Ruhe. „Ich habe meinen Hund angeleint, bin zum Rheinufer und habe geschaut, wie ich der Frau helfen kann.“

Sofort sieht der DLRG-Schwimmer, dass die Strömung zu stark ist, er der Frau nicht hinterherspringen kann. Paul läuft zurück Richtung Deich und spricht Passanten an, die schnell zum Unglücksort rennen und die entkräftete Frau aus dem Wasser ziehen können. „Ich habe keine Angst gehabt, es war für mich selbstverständlich“, sagt Paul. Für seinen Einsatz dankte ihm OB Dirk Elbers am Mittwoch noch mal persönlich: „Wir sind sehr stolz auf deine großartige Leistung.“

Rund 80 Träger der silbernen Ehrennadel waren am Mittwoch in den Jan-Wellem-Saal des Rathauses gekommen, wo sie vom Oberbürgermeister empfangen wurden. Die silberne Ehrennadel wird seit 1999 an Bürger verliehen, die Zivilcourage gezeigt haben. 148 Düsseldorfer haben die Auszeichnung bisher bekommen, Paul Wülfing ist der bislang Jüngste.

Bei dem ältesten Träger der Ehrennadel ist die Auszeichnung schon zehn Jahre her, trotzdem ist sich Karl-Ernst Kohnen sicher: „Ich würde wieder helfen.“ Der heute 77-jährige verfolgte mit dem Rad einen Dieb, der einer Geldbotin die Tageseinnahmen eines Autohauses entwendet hatte. Unterwegs rief er Passanten zu, die Polizei zu rufen, die dann nach einer halben Stunde den Taschendieb fasste. Ob er in dem Moment Angst hatte: „Ich komme aus Oberbilk, Angst und Geld haben wir nicht gekannt“, sagt Kohnen in breitestem rheinischen Dialekt.

Der Empfang im Rathaus geschah im Rahmen der „Kampagne Düsseldorfer Courage“. Diese ehrt seit 1999 — unterstützt von Partnern wie Polizei oder Rheinbahn — verdiente Düsseldorfer und versucht mit verschiedenen Projekten die Zivilcourage zu fördern. „Hinschauen statt Weggucken ist noch keine Selbstverständlichkeit“, sagte OB Elbers beim Empfang. Mit der Kampagne sei das Ausmaß an Zivilcourage und das Bewusstsein für Verantwortung jedoch gestiegen.