Erziehung Düsseldorfer Kitas setzen auf männliche Verstärkung
Düsseldorf · In Düsseldorfer Kitas fehlen knapp 200 Erzieher. Vor allem Männer gelten in dem Beruf als Exoten. Daniel Oberschewen und Philipp Wätzold haben aber genau dort ihr Glück gefunden.
In einem Punkt sind sich die fünfjährigen Zwillinge einig: „Herr Oberschewen ist ein Clown, der könnte im Zirkus auftreten“, sagt Annie. „Und er kann richtig gut Fußball spielen, viel besser als die anderen“, pflichtet Charlotte ihrer Schwester bei. Mit „den anderen“ sind vor allem die Erzieherinnen ihrer Kita gemeint. Vorlesen und trösten, das könnten aber alle gleich gut.
Was für die Kinder der DRK-Kita Metro-Sternchen zum Alltag gehört, ist für viele Kinder anderer Einrichtungen eher die Ausnahme: männliche Erzieher. Bei den Sternchen an der Metro-Straße 9 sind es sogar drei, die auf rund 100 Kinder kommen. Eine „Luxussituation“, die bei weitem nicht für alle Kitas gilt. Doch so groß die Freude über die Männerquote auch ist, so schnell ist sie getrübt in Anbetracht der Gesamtsituation: „Wir suchen händeringend nach Fachkräften. Im Schnitt fehlen in jeder unserer 14 Kitas zwei“, sagt DRK-Sprecherin Jasmin Schürgers. Auch die städtischen Zahlen zeichnen ein ähnliches Bild. „Wenn wir den weiteren Kita-Ausbau und die Ersetzung kurz- oder längerfristig ausscheidender Kräfte zusammennehmen, fehlen uns 2019 rund 200“, sagt Jugendamtsleiter Johannes Horn. Daher sei es unerlässlich, beide Geschlechter für den Beruf zu begeistern – und zu gewinnen.
Männliche Kindergärtner sind nicht von allen Eltern akzeptiert
Bei Daniel Oberschewen und Philipp Wätzold hat das geklappt. Beide arbeiten bei den Metro-Sternchen, beide sind glücklich in ihrem Job. Philipp Wätzold, gelernter Kinderpfleger, macht gerade seine Ausbildung zum Erzieher. Daniel Oberschewen arbeitet als englischsprachiger Betreuer. Er studierte Amerikanistik und bewarb sich im Jahr seines Abschlusses auf eine Stellenausschreibung des DRK. „Ich hatte schon während des Zivildienstes mit Kindern gearbeitet und war zu dem Zeitpunkt auch schon zweifacher Vater. Ich hatte also eine Ahnung, was auf mich zukommt“, sagt er.
Dennoch gab es Startschwierigkeiten: Ein Vater wollte nicht, dass Oberschewen allein mit seiner Tochter war. „Die damalige Einrichtungsleitung stärkte mir den Rücken und machte dem Vater klar, dass eine solche Sonderbehandlung nicht möglich ist“, erinnert sich der 36-Jährige, der sich damals als einziger Mann in der Kita wie ein Exot fühlte. Diese „unangenehme Situation“ sei aber die einzige in mittlerweile fünfeinhalb Jahren gewesen. Mit Vorurteilen werde er nicht konfrontiert. „Das Gegenteil ist eher der Fall. Von anderen Väter bekomme ich oft zu hören, dass sie das nicht hinbekämen mit so vielen Kindern“, sagt er. Im Umgang mit den Kindern erfülle er dennoch jedes männliche Klischee. „Ich bin leider überhaupt nicht der Bastler. Da hole ich definitiv lieber den Fußball raus“, sagt er und lacht. Auch als „Clown“ habe er sich im Haus einen Namen gemacht. „Ob das an meinem Geschlecht liegt, sei mal dahingestellt.“
Auszubildender Philipp Wätzold ist zurzeit in den U3-Gruppen eingesetzt. „Für die jüngeren Kinder war es eine große Umstellung, plötzlich einen Mann vor sich zu haben“, sagt der 25-Jährige. Allein seine Körpergröße habe die Kleinen eingeschüchtert. „Anfangs haben sie oft geweint. Dann fassten sie aber schnell Vertrauen.“ Auch die Eltern mussten sich umstellen. „Die Kinder wurden morgens bei der Abgabe lieber einer Kollegin gereicht als mir. Diese Unsicherheit der Eltern überträgt sich natürlich auf das Kind“, sagt er. Früher habe er noch mehr einstecken müssen. „Gerade Väter haben mich ignoriert, wenn sie ihre Kinder gebracht haben. Sie gaben einem das Gefühl, als Mann im Frauenberuf völlig fehl am Platz zu sein“, erinnert er sich. „Da half es nur, die Scheuklappen aufzusetzen und sich auf die Kinder zu konzentrieren.“
Beide Männer sind sich sicher, den passenden Beruf gefunden zu haben. Und sie wollen andere Männer motivieren, die Arbeit in einer Kita zumindest in Erwägung zu ziehen. „Es gibt nichts Schöneres als den Kindern tagtäglich dabei zuzusehen, wie sie sich entwickeln. Ein Kind dabei zu begleiten, wie es seine ersten Worte spricht oder die ersten Schritte macht, das ist für mich etwas sehr Wertvolles“, sagt Wätzold.