Ausstellung Johannes Wohnseifer vergittert einen Weltstar
Düsseldorf · Der Kölner Akademieprofessor zeigt in der Düsseldorfer Galerie Linn Lühn eine Serie von Beyoncé-Paintings.
Beyoncé ist eine der erfolgreichsten Künstlerinnen der Welt. Die afroamerikanische Sängerin wurde mit 23 Grammys ausgezeichnet und gehört zu den reichsten Musikern. Ihre Fotos werden über soziale Netzwerke wie Instagram millionenfach gepostet und können von Nutzern bearbeitet und mit Filtern versehen werden. Auf diese Weise landeten sie auch beim Künstler Johannes Wohnseifer, der sich die Ikone in derlei Bildern herunterlädt und auf seine Weise verwertet. Seit 2007 verfolgt er den allgegenwärtigen amerikanischen Superstar in der Serie „Beyoncé Paintings“. Die jüngsten Varianten präsentiert er in der Galerie Linn Lühn unter dem Titel „B-B-Bilder“ als Pixelbilder hinter Metallgittern.
Wohnseifer ist Künstler und Analytiker der Pop-Kultur und der sozialen Medien. Er arbeitet gern mit gefundenen, in der Regel ziemlich schlecht aufgelösten Bildern von Ikonen. So hat er sich die schöne dunkelhäutige Frau aus der öffentlichen Bilderflut gefischt und auf Höhen von 1,40 Meter hochgezogen, denn um das gestochen scharfe Bild geht es ihm in seiner Arbeit nicht. Im Gegenteil, das Beyoncé-Motiv druckt er auf eine dicke PVC-Folie, in der Regel Lastwagenplane, die die Kontur leicht verwischt. Anschließend nagelt er es mit Nietlöchern an die Wand. Im zweiten Schritt steckt er das Abbild hinter Gitterschranken, oder genauer: hinter ein maschinell gestanztes Lochblech aus Metall, das nach seinen Angaben hergestellt wird. Es legt sich über das Foto wie ein Raster.
Die Pixel des unscharfen Fotos und die löchrige Schablone sorgen für eine merkwürdige Verschiebung des Durchblicks. „Nutzer“ wie Kunstgänger sehen die Frau voller Anmut und Würde. Ihr Blick wandert auch mit der Bewegung des Betrachters wie ein Gemälde aus der Renaissance mit, aber es wirkt instabil. Wir können es nicht orten und nicht fassen. Es verführt wie ein 3D-Bild, dessen Räumlichkeit sich nicht greifen lässt.
Nun ist Wohnseifer einer der besten Kenner der Populärkultur in Deutschland. Er kennt nicht nur zu jedem Star und zu jeder Farbe eine Geschichte, er durchschaut auch das Spiel einer zwischen Klischee, Symbol und Ikone changierenden Figur des Mainstreams. Er untersucht das Image, das coole Lächeln, den Stolz und die Stärke, die Anmut und Würde. Aber er verfällt ihr nicht. Die Omnipräsenz des Musikstars in den sozialen Medien benutzt er, aber er entzieht ihr Bild zugleich der Aneignung. Dies geschieht durch den simplen Trick der durchlöcherten Metallplatte.
Aus dem Lochblech funkeln die Farben des signifikanten Augenpaars wie Wasserspritzer auf. Die Oberfläche des Metalls hat Wohnseifer jedoch in typischen RAL-Farben aus den 1970er-Jahren lackiert, wie sie Porsche für seine Autos benutzte, also etwa Himbeerrot, Safari-Grün oder dunkles Blau. Unmerklich entsteht der Eindruck, es handele sich in den Bildobjekten um Produkte aus einer anderen Zeit als der Gegenwart. Dies wird noch dadurch bestärkt, dass die jeweilige Wand in der Galerie in einer Komplementärfarbe zum Bildobjekt gestrichen ist. Dadurch bilden die fünf „Beyoncé-Paintings“ eine räumliche Einheit.
Dass die Arbeiten überhaupt in Düsseldorf gezeigt werden und nicht in der dafür bestimmten Galerie in Los Angeles, ist einer Befindlichkeit der US-Amerikaner zu verdanken. Als Wohnseifer Ende vergangenen Jahres sein Konzept einreichte, schreckte man in Los Angeles zurück. Ein weißer Mann, der eine dunkelhäutige Frau hinter Gitter sperrt, das geht nicht. Die Galerie fürchtete, man werde ihr die Räume schließen, denn Beyoncé ist nicht nur jung und attraktiv, sondern auch eine der mächtigsten Frauen der USA. Als seine Düsseldorfer Galeristin davon erfuhr, stellte sie ihm sofort ihre eigenen Räume zur Verfügung.
Linn Lühn hatte auch die Idee, die Wände in Komplementärfarben streichen zu lassen. So entsteht der Eindruck, als handele es sich nicht um einzelne Werke, sondern um eine Installation, die den Star präsentiert, spiegelt, reflektiert und zugleich dem Auge des Betrachters entzieht.
Zur Vita nur so viel: Wohnseifer ist derzeit der einzige Kunsthochschulprofessor, der keine Akademie besucht hat, weil er zweimal in Düsseldorf abgelehnt wurde. Er machte dennoch seinen Weg. Heute lehrt er an der Kunsthochschule für Medien in Köln und liebt die Totale aus Malerei, Skulptur, Installation, Collage und Video. In seinem Werk steckt ein Kosmos der politischen, gesellschaftlichen und künstlerischen Gegenwart. Seine Arbeiten erscheinen jedoch niemals theorielastig, sondern eher leichtfüßig. Seine Ausbildung begann bezeichnenderweise bei Martin Kippenberger, dem König der Trashkultur.
Informationen zur Ausstellung: Galerie Linn Lühn an der Birkenstraße 43, bis 26. Juni. Öffnungszeiten: Donnerstag und Freitag von 13 bis 18 Uhr, Samstag von 12 bis 16 Uhr.