Düsseldorf Julien Bam stach Böhmermann aus

Im Castello wurde der Webvideopreis 2016 verliehen. Tanzprofi Bam und Melina Sophie erreichen Millionen im Netz.

Düsseldorf. Was im Fernsehen gut funktioniert, ist im Internet nicht zwangsläufig genauso erfolgreich. Das musste gestern auch Jan Böhmermann erfahren, als im Castello in Reisholz der Webvideopreis 2016 vergeben wurde. Obwohl gleich in zwei Kategorien (Person of the Year und Best Video) nominiert, ging keiner der „YouTube-Oscars“ an den Satiriker und TV-Moderator. Stattdessen holte sich Julien Bam, einer der erfolgreichsten deutschen YouTuber, die Auszeichnung als „Person des Jahres“.

Jan Böhmermann war gar nicht erst erschienen

Das war der Webvideopreis 2016
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Das war der Webvideopreis 2016

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Die Videos des 27-jährigen Tanzprofis drehen sich hauptsächlich um Tanz, Musik und Lifestyle und werden inzwischen von über zwei Millionen Menschen abonniert. Und von denen muss gestern ein großer Teil im Netz für ihn mitabgestimmt haben. Die Entscheidungen über die Sieger erfolgten zu jeweils 50 Prozent durch die Internetnutzer und die Mitglieder der Europäischen Web Video Academy (EWVA).

Die Auszeichnung für die weibliche Person des Jahres ging an die Webvideo-Produzentin Melina Sophie (20), die mit 1,4 Millionen Abonnenten ebenfalls einen extrem erfolgreichen Lifestyle-Kanal auf YouTube betreibt. Die Laudatio hielt in dieser Kategorie keine Geringere als NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Sie würdigte die drei Nominierten als „toughe junge Frauen“, von denen jede einen Preis verdient hätte.

In der ruhmreichsten Kategorie „Best Video“ räumten der Aachener Filmstudent Shawn Bu und Team ab. Seine Bachelorarbeit, der Star Wars-Fanfilm „Darth Maul: Apprentice“, setzte sich gegen „Ich hab’ Polizei“ von Böhmermann durch. Und als hätte der’s geahnt, war er auch gar nicht erst erschienen. Preis hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen

Ein Alptraum für die Saal-Regie, aber ein großer Gewinn für die Zuschauer: Die gnadenlos überzogene Redezeit, die sich „Hand of Blood“, der Gewinner in der Kategorie „Gaming“, nahm. Der 23-Jährige, der bürgerlich Maximilian Knabe heißt, richtete einen flammenden Appell an die Produzenten von Netzinhalten, sich ihrer Verantwortung für das - zumeist sehr junge - Publikum bewusst zu sein. „Und hier schleichen heute auch Produzenten von echtem Asi-Content über den roten Teppich.“ Gemeint sind damit Videos auf niedrigem intellektuellen Niveau, die zudem häufig noch sexistisch, homophob oder gewaltverherrlichend sind.

Im Castello versammelten sich etwa 2000 Menschen, um die Gala live zu erleben. Darunter auch OB Thomas Geisel mit Ehefrau Vera und drei seiner Töchter. Der Preis hat in den vergangenen Jahren eine spannende und rasante Entwicklung genommen. Was einst in einem Essener Kino vor 350 Zuschauern begann, ist mittlerweile ein großes renommiertes Event. Damit wurde er auch finanziell so interessant, dass sich Vermarktungsriese Ströer Anfang des Jahres die Mehrheit an der EWVA sicherte. Die Academy wird aber weiterhin von den beiden Gründern Markus Hündgen und Dimitros Argirakos geleitet. Auch der Firmensitz bleibt in Düsseldorf.