Düsseldorf Kaiserswerther Krankenhaus: Hebammen haben nun das Sagen
Am Kaiserswerther Krankenhaus können Frauen ihr Kind ohne Hilfe eines Arztes auf die Welt bringen. Bei Komplikationen ist das Ärzteteam aber nicht weit.
Düsseldorf. Das Florence-Nightingale-Krankenhaus in Kaiserswerth geht neue Wege: Die Geburtsklinik bietet Frauen mit unauffälligem Schwangerschaftsverlauf jetzt die Möglichkeit, im Hebammenkreißsaal ihr Baby natürlich und ohne medizinische Intervention zur Welt zu bringen. Ähnlich wie bei einer Hausgeburt kümmern sich dann ausschließlich Hebammen um die Geburt. Der Unterschied zur Geburt zu Hause oder im Geburtshaus: Stößt die Frau an ihre Schmerzgrenze oder ergeben sich Komplikationen, ist ein Ärzteteam nicht weit. Frau und Baby können umgehend medizinisch versorgt werden.
Bisher mussten sich werdende Mütter in Düsseldorf entscheiden: entweder für eine intime Geburt zu Hause oder im Geburtshaus in Begleitung einer Hebamme oder aber für eine Geburt im ärztlich geleiteten Kreißsaal eines Krankenhauses. Der Hebammenkreißsaal ist nun ein neues Betreuungsmodell, bei dem erfahrene Hebammen eigenverantwortlich gesunde Schwangere betreuen — und zwar im Krankenhaus.
Dafür hat das Florence-Nightingale-Krankenhaus der Kaiserswerther Diakonie keine neuen Räume bezogen. Das Konzept wird im bekannten Kreißsaal parallel neben dem weiterbestehenden ärztlich unterstütztem Modell umgesetzt. „Das neue Konzept ist ein zusätzliches Angebot. Es löst das bisherige nicht ab“, betont Sprecherin Katharina Bauch. Auch weiterhin finden Frauen — auch mit auffälligem Schwangerschaftsverlauf — im Kaiserswerther Krankenhaus die höchste Versorgungsstufe vor, mit Pränatalmedizin (vorgeburtliche Untersuchungen) und Kinderklinik mit Neugeborenen-Intensivmedizin.
Zwei Jahre lang hat ein Team um Patricia Meckenstock, Pflegerische Abteilungsleiterin der Klinik für Geburtshilfe, und Hebammen-Expertin Victoria Herrmann als Projektbeauftragte das Konzept erarbeitet. Dabei geht es den Frauen nicht nur darum, Frauen eine natürlich Geburt ohne Zeitdruck und Schmerzmittel zu ermöglichen, sondern auch darum, die originäre Hebammen-Arbeit zu stärken. „Aufgrund der aktuellen Arbeitsbedingungen steht der Hebammen-Beruf kurz vor dem Aus“, sagt Patricia Meckenstock.
Die natürliche Geburt, die durch eine Hebamme begleitet werde, habe nachweislich positive Auswirkungen auf die Bindung zwischen Mutter und Kind sowie die weitere Entwicklung des Kindes. „Das Geburtserlebnis ist prägend und hat Einfluss auf die Mutter-Kind-Bindung, aber auch auf weitere Schwangerschaften“, sagt Hebamme Victoria Herrmann.
Die Statistik zeigt: Nur acht Prozent der Geburten verlaufen interventionsfrei, das heißt beispielsweise ohne die Anwendung von Schmerzmitteln, Infusionen oder permanenter CTG-Kontrolle. Dabei, da sind sich die Hebammen sicher, könnte die Zahl viel höher sein. Zu häufig werde zu schnell und unnötigerweise in den natürlichen Geburtsverlauf eingegriffen.
Aber nicht alle Schwangeren können das Angebot in Anspruch nehmen. Um Risiken für die werdenden Mütter auszuschließen, haben Hebammen, Gynäkologen und Kinderärzte gemeinsam einen speziellen Kriterienkatalog entwickelt, der festlegt, für wen die hebammengeleitete Geburt geeignet ist. Dabei muss der Schwangerschaftsverlauf unauffällig, die Mutter gesund sein.
Mitte November begann die Pilotphase, die erste hebammengeleitete Geburt ist bereits für Mitte Januar geplant.