Koalition: 3000 Düsseldorfer Genossen dürften abstimmen
Die SPD will ihre Basis über den Vertrag entscheiden lassen. Das Problem: Über 80 Prozent davon weiß sie nichts.
Düsseldorf. Die Basis — das unbekannte Wesen. Wenn die SPD Anfang Dezember ihre Mitglieder über einen mit der Union ausgehandelten Koalitionsvertrag abstimmen lässt, ist das ein Sprung ins Ungewisse. „Erst einmal muss es den Vertrag geben. Wie dann unsere Mitglieder dazu stehen, das kann keiner seriös einschätzen“, sagt der frisch in den Bundestag gezogene Andreas Rimkus, SPD-Chef in Düsseldorf.
2912 Mitglieder hat die Partei in Düsseldorf aktuell, knapp 70 sind in den letzten Wochen neu eingetreten. Doch im Jahre 2000 gab es noch fast 6000 Genossen. Wirklich aktiv und rege am Parteileben nehmen etwa zehn Prozent teil, weitere zehn Prozent lassen sich wenigstens mal blicken in ihrem Ortsverein. Das heißt: Von 80 Prozent der Mitglieder weiß die Parteispitze wenig bis nichts. „Da findet schlicht kein Dialog statt“, sagt Rimkus.
Jochen Wirtz, Geschäftsführer der SPD-Ratsfraktion, ist von der Idee der Mitgliederabstimmung nicht überzeugt. „Das Prinzip ist gut, aber in einer so komplexen Angelegenheit ist die Sache problematisch, auch gegenüber den Verhandlungspartnern.“ Am Ende werde es eine knappe Mehrheit für die Parteiführung und mithin für die Große Koalition geben, glaubt er.
Da ist er mit Rimkus einig. Der ist sicher, dass seine Partei genügend Identität in die Regierung mitbringt: „Bei meinen Themen Wohnen, Bauen, Verkehr, aber auch Jugend sind wir schon sehr weit gekommen.“ Jetzt komme es auf Haltung an: „Natürlich kann man immer nörgeln und sich nach der Opposition sehnen. Für mich aber geht es nun darum, was wir für die Menschen erreichen können.“
Die Verhandlungslage in Berlin sieht er „ganz entspannt“: „Ich bin Gewerkschafter, ich kenne solche Konstellationen, da wird lange gepokert und mit dem Säbel gerasselt. Aber ich denke, morgen ist die Sache durch.“
Doch dann steht die Partei vor einer logistischen Herausforderung: Alle Mitglieder bekommen nämlich den kompletten Entwurf des Koalitionsvertrages zugesandt in Form einer Sonderausgabe des „Vorwärts“. Bis zum Nikolaustag werden die Abstimmungsunterlagen für die Briefwahl versandt.
Am 7. Dezember ist eine lokale Info-Veranstaltung im Ibach-Saal, bis 12. 12. haben die Genossen den Stimmzettel zurückzuschicken. 20 Prozent müssen mindestens teilnehmen, nur dann hat das Votum Gültigkeit. „Diese Quote wird bei uns locker erreicht. Es ist das erste Mal, dass die Mitglieder gefragt werden, und das Interesse ist einfach groß“, sagt Parteigeschäftsführer Günter Freitag.