Konzert Auch klassische Weihnachtskonzerte dürfen kitschig sein
Düsseldorf · Ein musikalisch stimmiger Weihnachtszauber in der Tonhalle.
Weihnachtliche Shows tendieren immer dazu, die Besinnlichkeit, das Anrührende, weihnachtlich Behagliche ins Kitschige zu überdrehen. Ohnehin ist der kitschige Anstrich in der Art und Weise, wie dieses Fest in unseren Gefielden in unseren Tagen gefeiert wird, durchweg eingewoben. Das ist auch überhaupt nichts Schlimmes, im Gegenteil, ein bisschen Kitsch hilft einem, das Ernste mal beiseite lassen zu können, sich mal ganz und gar in so golden strahlendem schönen Genuss fallen zu lassen. Doch gibt es gerade, wenn es um musikalische Weihnachtsshows geht, solche und solche Beispiele, sind die Vorzeichen, die grundsätzliche Ausrichtung auch immer ähnlich.
Es gibt gut gemachten Kitsch und wirklich schrecklich schlecht gemachten Kitsch. Eine besondere Qualität von gutem Kitsch ist, dass es derart kunstvoll daherkommt, dass man fast nicht mehr merkt, ob es Kitsch ist. Wenn Sie jetzt einwenden mögen, dass man zunächst einmal klären müsse, was denn nun Kitsch genau sei, so wird die Lage natürlich vertrackt, denn genau zu definieren, was Kitsch ist, fällt denkbar schwer. Aber der Einfachheit halber nutzen wir doch folgende Defintion: Kitsch nutzt die gleichen Mittel wie Kunst, tut so, als hätte sie eine ästhetische Aussage, zielt aber mehr auf den schönen Effekt. Befriedigend ist diese Definition gewiss nicht, aber sie langt in diesem Fall.
Doch wieso diese ganzen Vorüberlegungen? Nun, um nicht der Gefahr zu unterlaufen, des weihnachtlichen Konzertes der Heinersdorff-Konzerte in der Tonhalle unrecht zu tun, wenn man große Teile als wunderbaren Kitsch bezeichnet. Allerdings waren Teile des Konzertes mit Daniel Hope, Oboist Albrecht Mayer, Sopran Elisabeth Breuer und Heike Makatsch, begleitet von dem Züricher Kammerorchester unter der Leitung von Christoph Israel alles andere als Kitsch, im Gegenteil. Vor allem die Passagen, in denen man auf Werke aus der großen Musikliteratur zurückgriff, strahlten eine geschmackvoll kunstvolle Aura aus. Auch wenn an diesem Abend die Wirkung, der Effekt doch mehr im Vordergrund stand als etwa ein besonders innerliches Intepretieren. Auffällig und beeindruckend war das Züricher Kammerorchester – ohne Dirigent – unter der Leitung ihres Konzertmeisters Gregory Ahss, etwa mit der Ouvertüre zu „Hänsel und Gretel“. Hope und Mayer leiteten bei ihren solistischen Auftritten und einem Duo mit Bachs Doppelkonzert BWV 1060 die Züricher auch selbst. Zeugten mit ihrem Spiel von ihrer Weltklasse, wenngleich das weihnachtlich Beschauliche dann doch sich wie ein leichter Schneepuder-Schleier auf ihre Auftritte legend, die Oberhand zu behalten schien. Makatsch rezitierte nicht nur mit ihrer so eigenen charmanten Art Texte von Ringelnatz, Kästners bittersüßes „Felix holt Senf“ aus „Das Schein beim Friseur“ oder Axel Hackes „Der Laden zur letzten Hoffnung“, sondern sang sogar.
Den gesamten Abend durchzogen als Roter Faden indes Arrangements von Weihnachtsliedern, wie „Stille Nacht, heilige Nacht“, die Christoph Isreal, mit viel Gespür für musikalischen Weihnachtszauber, geschrieben hatte. Dies klingt nicht selten, wie Filmmusik zu Weihnachts-Schnulzen, bedient sich einer breiten Palette an Instrumentationskniffen. Und hier war er, der richtig gut gemachte Kitsch. Ein schöner Abend!