Düsseldorf Auftakt: Symphoniker spielen differenziert, aber ohne Esprit
Zur Saisoneröffnung in der Tonhalle gastiert Sir Roger Norrington. Er dirigiert im Sitzen und lässt die Bläser stehen.
Düsseldorf. Das erste Konzert der Düsseldorfer Symphoniker nach der Sommerpause reißt nicht gerade vom Stuhl. Zu Gast ist ein verdienter Veteran der historistischen Aufführungspraxis, der britische Dirigent Sir Roger Norrington (81). Unter seiner Leitung spielt das Orchester recht differenziert, aber emotional eher unbeteiligt.
Auf dem Programm stehen auch nicht gerade die Knüller der Musikgeschichte: Die Erste Symphonie des 15-jährigen Wunderknaben Felix Mendelssohn Bartholdy, Franz Schuberts Ouvertüre zur „Zauberharfe“ und als populärstes Werk Wolfgang Amadeus Mozarts Violinkonzert Nr. 3 G-Dur — Musik dreier hochbegabter junger Leute, entstanden ein paar Jahre vor ihrer künstlerischen Blütezeit.
Nun ist das nach Musik dürstende Ohr im Anschluss mehrwöchiger Konzert-Abstinenz ein dankbarer Empfänger von Klang-Nahrung. Und allzu große Schlucke soll eine ausgetrocknete Kehle ja auch nicht nehmen. Kurzum: Wir erleben einen musikalischen Saisonauftakt mit gebremstem Schaum. Die Gefahr einer nervlichen Überreizung hält sich in Grenzen.
Das Außergewöhnlichste der laufenden Konzert-Trias ist die Besetzung des Soloparts in Mozarts Violinkonzert mit Dragos Manza, dem Konzertmeister der Düsseldorfer Symphoniker. Der 26-Jährige ist hochmusikalisch, ungemein engagiert und ein echter Glücksgriff für das Orchester. Das hohe gestalterische Niveau seines Geigenspiels kommt auch diesem Auftritt besonders herausgehobenen Auftritt deutlich zum Vorschein. Manza geht voll auf in der Musik, vor allem in der Lyrik des langsamen Mittelsatzes, den er so hingebungsvoll spielt, als träume er sich dabei in sein Paradies hinein. Allerdings besitzt Manzas Violine nicht die Klangfülle Millionen Euro schwerer Stradivaris, mit denen die großen Welt-Geiger auf Tour sind. So produziert Manza nur einen recht gedämpft wirkenden, dafür aber warmen und samtenen Ton.
Der Solist hält sich unterdessen nicht ganz an Norringtons Gebot, ohne Vibrato zu spielen. Die Orchestergeiger gehorchen wiederum, was diesen klaren, aber auch etwas glanzlosen Streicherklang erzeugt. Auch die Bläser richten sich nach einer ungewöhnlichen Anweisung des Dirigenten: Sie bilden einen Halbkreis um den Streicherapparat und spielen im Stehen, während Norrington übrigens im Sitzen dirigiert — verkehrte Orchester-Welt. Gewiss erlangen Holz- und Blechbläser auf diese Weise stärkere Präsenz, allerdings wirkt der recht drastische Eingriff in die akustische Balance auch etwas künstlich.
So unspektakulär die Saison beginnt, so verhalten geht sie wohl weiter. Denn nach einer Spielzeit mit Gastdirigenten kommt nun eine, die sich ebenso anfühlen wird. Denn der neue Chef Adam Fischer dirigiert nur ein „Sternzeichen“ sowie ein Sonderkonzert. Sein Junior-Partner Alexandre Bloch wird kaum mehr in Düsseldorf dirigieren. Gleichwohl: Auf diese beiden Dirigenten freuen sich Orchester und Musikfreunde und ab der Saison 2016/2017 sollen die Musikchefs so richtig in Düsseldorf durchstarten.