Auszeichnung: Preis für Rosemarie Trockel
Der Kunstpreis der Landeshauptstadt geht in diesem Jahr an die Professorin der Kunstakademie.
Düsseldorf. Rosemarie Trockel (55), Professorin an der Kunstakademie und eine der renommiertesten Künstlerinnen der Welt, erhält den mit 55 000 Euro dotierten Kunstpreis der Landeshauptstadt.
Die Jury unter Stadtdirektor Helmut Rattenhuber als Vorsitzendem lobt ihre "radikale Experimentierfreude", ihr "spielerisches Oszillieren zwischen den Medien" und ihre politisches Engagement.
Durch ihre Beschäftigung mit Anthropologie und Soziologie hat sie sich schon in frühen Jahren den existentiellen Fragen des Menschen gewidmet. Die Mutation, das Rollenverständnis, die Verwandlungen ihrer Figuren enden bei ihr nicht im dadaistischen Scherz, sondern in jener Doppeldeutigkeit, wie sie dem Leben innewohnt, das immer auch dem Tode nahe steht.
Den Gang ins Völkerkundemuseum, den Türbeschlag aus einer Beuys-Aktion, die Sonnen- und Gottes-Symbole untersucht sie auf ihre magischen Bedeutungen und bringt sie in neue Sinnzusammenhänge. Trockel gehört zu den seltenen Ausnahmen, deren Kunst nicht nur von Europa geprägt ist.
Ihr Werk ist voller Ironie. Das beginnt mit dem "Wollfilm" von 1992, einem Striptease der um sich selbst kreisenden Ariadne. Noch bevor sich Theseus auf das Ziel seiner Begierde besinnt, hat sich das Wollknäuel Ariadne aufgelöst und den mächtigen Theseus entmachtet.
In der Düsseldorfer Kunsthalle wurde die Kölnerin 1988 mit einer "Frau ohne Unterleib" bekannt. Die Skulptur lag auf einem Tisch und hatte dort, wo gemeinhin die erogene Zone liegt, nichts als einen a-sexuellen Zwischenraum.
"Etwas anderes werden", ob Junggeselle oder Braut, Mensch oder Tier, Robbe oder Blumenvase, das bestimmt ihr Werk. Bei der großen Retrospektive anlässlich der Verleihung des Wolfgang Hahn-Preises, 2006 im Kölner Museum Ludwig, zeigte sie glühend heiße Herdplatten, die einen achtlos dahinschlendernden Kunstgänger hätten verbrennen können.
Ein paar Schritte davon entfernt lugte ein schwarzer Phallus aus der Wand, der über einen Kabel mit einer Steckdose verbunden war. Ein perfides Werk, denn im Innern war eine Zeituhr mit einem Schalter verbunden, so dass das schwarze Ding steif oder schlaff werden konnte. Komisch, irre oder böse kommen ihre Objekte daher, und zugleich scheinen sie ganz alltäglich zu sein.
Sie lässt Rettungsringe in Rot und Weiß stricken, die bei einer wirklichen Gefahr niemanden retten könnten. Sie hat eine Strickmütze abgegossen, die normalerweise Kopf und Gesicht wie eine "Hasskappe" bedeckt, und lässt aus dieser Räubermütze künstliches Grünfutter sprießen.
Sie hat frisch Verliebte, die sie nur flüchtig kannte, in Schwarz-Weiß fotografiert und freigestellt, so dass die Liebenden ins Bodenlose zu sinken schienen. Mit Carsten Höller schuf sie für die Documenta X in Kassel ein "Haus für Schweine" und ließ die Zuschauer Platz nehmen, um der Kunst des Lebens zuzuschauen.