BAR — das Resultat einer Liebe

Stabil-Elite-Kopf Lucas Croon und seine Freundin Christina Irrgang haben ein Album aufgenommen.

Foto: Orson Sieverding

Düsseldorf. Das kürzlich erschienene Debütalbum der Düsseldorfer Band BAR gründet sich auf zwei Faktoren: Da ist zum einen die Liebe zwischen den beiden Protagonisten Lucas Croon (27) und Christina Irrgang (31). Croon ist Kopf der Band Stabil Elite, die 2012 für ihren frisch gestrichenen Krautrock 2.0 in den Himmel gelobt wurde. Irrgang promoviert derzeit als Kunstwissenschaftlerin und hatte bis auf ihren Blockflötenunterricht bisher eher weniger mit Musik zu tun. Seit einem guten Jahr sind die beiden ein Paar.

Und da ist der erste gemeinsame Urlaub nach Los Angeles im Oktober 2013. Das Album „Welcome to BAR“ atmet zwar nicht die Leichtigkeit einer Promenaden-Fahrt im Cabrio, wäre ohne diese Stadt aber ein anderes. Texte nehmen Bezug auf den Urlaub, die Musik ist durch ein L.A.-Mixtape beeinflusst, das Albumcover von Irrgang aus Urlaubsfotos collagiert.

Dabei hat die Ankündigung dieses Albums mancherorts sicher für Enttäuschung gesorgt — zu lange warten die Fans schon auf den längst versprochenen Zweitling von Stabil Elite. Dieser völlig unangestrengte Schmelztiegel aus Synthie-Pop, New Wave, Krautrock und dunklem Songwriting, aus Blockflöte, Synthesizern, markanten Bassläufen und einem Pocket-Piano (kennengelernt übrigens in L.A.) lässt allerdings jede Enttäuschung vergessen. Er ist viel mehr als nur Zeitvertreib bis zur nächsten Elite-Platte.

Mit einem so elegant-lässigen Timbre wie Croon in „Adios“ oder „Dexy’s Alrobe“ spazieren nur wenige durch ihre Songs. Irrgang setzt mit kühner Gefühlskälte einen Kontrapunkt. Kennengelernt haben die beiden sich auf einer Veranstaltung der „Enthusiasm“-Reihe in Garath — beide waren Teil der Inszenierung, beide ohne Begleitung dort. „Von Lucas Croon hatte ich bis dahin immer nur gehört“, sagt Irrgang. Sie wollte wissen: Wer ist das, von dem ihre Freunde immer so positiv reden? Und der: sprach sie an, ehe sie am späteren Abend gemeinsam Pizza essen und ins Kino gingen.

Man sieht ihnen ihre Verliebtheit an, wie sie da im Café am Tisch sitzen, sich zwar nicht ständig berühren, einander aber doch arg zugewandt sind. Berufsmusiker Croon spricht nicht über, sondern mit ihr, wenn er sagt, was sie als Musikerin auszeichnet: „Wie du Musik hörst, wie du das wahrnimmst — das ist voll gut. Und du kannst es gut auf den Punkt bringen.“ Sagt er, der mal wieder völlig dandyhaft an seiner Maracuja-Schorle nippt: das Hemd bis zur Mitte offen, Sonnenbrille, Sandalen.

Geschrieben wurden viele Lieder auf Reisen. „White Noise“ etwa über Weihnachten auf Borkum. „Es war kalt und windig, das passte gut“, sagt Croon. „Dexy’s Alrobe“ entstand in seinen Anfängen in Irrgangs Heimat in Waldhessen. Oben unterm Dach, vorm Kamin, auf einem Lammfell. Das erste Mal im Studio waren sie im November.

Jedes Lied wurde innerhalb einer Nacht aufgenommen. Irrgang ging meist gegen drei zu Bett, Croon schraubte bis sechs oder sieben weiter. „Ich habe gekotzt, geweint und auch Glücksmomente erlebt“, beschreibt er den Feinschliff. „Das war mein Leben innerhalb von 24 Stunden.“ Die Aufnahmen waren — wie auch die Bühnen-Auftritte — geprägt vom Dialog. Im Studio stießen sie sich und ihre Ideen gegenseitig an, live stehen sie einander gegenüber und üben sich im Wechselspiel. Das Resultat ihrer Liebe wie zuletzt auf dem Open Source Festival darzubieten, sei ein „unglaublich erhebendes Gefühl“, sagt Irrgang.

Mit ihrem Bandnamen steht das Paar in der Tradition seiner rheinischen Vorbilder von Neu!, Can oder DAF. BAR ist das Akronym für „Band am Rhein“. Diese Band ist für Croon auch ein Ventil für die Frustrationen seiner anderen Band Stabil Elite. Denn eigentlich waren schon viele Aufnahmen für das kommende Album im Kasten — fast alle wurden verworfen. „Es ist nicht einfach, allen Bandmitgliedern gerecht zu werden. Das ist natürlich frustrierend, wenn man so viel investiert.“ Ein neues Album wird es dennoch geben — sowohl von Stabil Elite als auch von BAR.