Britten-Oper: Der Teufel in der Musik
Mit „The Turn of the Screw“ geht der Britten-Zyklus in die dritte Runde. Dunkel, aber keine Spuk-Story.
Düsseldorf. In den Opern von Benjamin Britten stehen die Figuren fast immer am Rande der Verzweiflung. Ob im „Peter Grimes“ oder „Billy Budd“ — die Gesellschaft macht den Protagonisten das Leben zur Hölle. Nach Produktion dieser beiden Opern geht der Britten-Zyklus an der Deutschen Oper am Rhein nun mit „The Turn of the Screw“ (Die Drehung der Schraube) im Mai in die dritte Runde.
Wieder ist die Atmosphäre beklemmend: Zwei Waisenkinder leben in einem großen Haus der emotionalen Kälte und nehmen Kontakt zu Toten auf. „Wir erfahren nie, was in diesem Haus passiert ist“, sagt Regisseur Immo Karaman über Brittens Kammeroper aus dem Jahre 1954. „Wir müssen bereit sein, uns unseren Fantasien zu stellen“, so das vielfach ausgezeichnete deutsch-türkische Regie-Talent, das den kompletten dreiteiligen Britten-Zyklus inszeniert. Der Zuschauer werde quasi in den inneren Abgrund gestoßen.
Die gleichnamige Novelle von Henry James, auf der Brittens Oper basiert, dürfe nicht als Spukgeschichte abgetan werden, wie einst geschehen im Film „Schloss des Schreckens“ aus den 60er Jahren. Britten und seine Librettistin Myfanwy Piper ließen Fragen bewusst offen. Und das wolle er in seiner Inszenierung auch nicht ändern. „Keine Antworten, bitte!“, so Karamans Appell an sich selbst.
Dirigent Wen-Pin Chien, an der Rheinoper Spezialist für moderne Opernpartituren, hält „The Turn of the Screw“ für das perfekte Einstiegsstück in die Welt der Britten-Opern. Denn die Musik reflektiere auf verständliche Weise das Geschehen auf der Bühne.
„Wenn die Gouvernante die Szene betritt, erklingt eine bedrohliche Tritonus-Tonfolge von oben nach unten — ein dissonantes Intervall, das klangpsychologisch als Teufel in der Musik gedeutet wird.“ Zudem verwende Britten eine klassische Variationstechnik, die das Thema immer weiter drehe. „Das passt genau zur Schrauben-Metapher.“
Geschraubt wird in die menschlichen Seelentiefen. Was mögen die Kinder in dem Haus erlebt haben, das sie auf so rätselhafte Weise Kontakt zu zwei verstorbenen Dienern des ländlichen Anwesens aufnehmen lässt?
Da die Rolle der Kinder in dem Stück zentral ist, hat die Oper vier Zwölf- bis 15-Jährige aus London engagiert. „Deutsche Kinder hätten nicht den natürlichen Bezug zur englischsprachigen Rolle finden können“, erklärt Disponent Steven Harrison die Entscheidung für die englischen Muttersprachler.