Brittens „The Turn of the Screw“ - Kinderliebe im Zerrspiegel
Höhepunkt des Britten-Zyklus mit „The Turn of the Screw“ begeistert das Publikum.
Düsseldorf. Verstört und ergriffen bleibt man zurück, wenn sich in Benjamin Brittens Kammeroper „The Turn of the Screw“ (Die Drehung der Schraube) der Vorhang schließt. Diffuse Deutungsansätze schwirren durch den Kopf, der keine klaren Antworten finden will. Es geht um Kindererziehung auf einem englischen Landsitz.
Eltern sind nicht vorhanden, wohl aber Hauspersonal, ein niemals in Erscheinung tretender, an den Kindern ausdrücklich uninteressierter Vormund und eine neue Erzieherin, die sich erst einmal ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Kindern gewinnen will. Und damit beginnt das Drama.
Die Produktion von „The Turn of the Screw“, basierend auf der gleichnamigen Novelle von Henry James, beschließt den dreiteiligen Britten-Zyklus der Deutschen Oper am Rhein. Nach dem dunklen, betont tristen und erdrückenden „Peter Grimes“ und dem dramatischen „Billy Budd“ ist mit der Inszenierung dieses unheimlichen Opus’ ein Höhepunkt an musiktheatralischer Expressivität erreicht.
Regisseur Immo Karaman, Bühnenbildner Kaspar Zwimpfer und Dirigent Wen-Pin Chien bilden ein Traumteam der subtilen Werk-Ausleuchtung. Auch sängerisch überzeugt die Aufführung. Insbesondere die beiden Kinderdarsteller Harry Oakes (der Junge Miles) und Eleanor Burke (Mädchen Flora) faszinieren durch ein natürliches, ausdrucksvolles Spiel und füllen die Kinderrollen aus mit der Reife erfahrener Mimen.
Sopranistin Sylvia Hamvasi gelingt derweil überzeugend der langsame Charakterwechsel von der liebenswürdig fürsorglichen Pädagogin zur wahnhaft insistierenden Aufseherin. Mischen sich anfangs Schärfen in die Höhen, gewinnen Timbre und Stimmführung an Rundung und Geschmeidigkeit.
Mezzosopranistin Martha Marquez stimmt die Darstellung der Haushälterin so genau auf die beklemmende Atmosphäre der weitläufigen, aber dumpf-düsteren Räumlichkeit ab, dass man sie schon für lebendes Inventar hält.
Unterdessen übt sich die Inszenierung mit einer festlegenden Deutung in Zurückhaltung, ohne aber der Indifferenz anheim zu fallen. Die Geistergestalten verstorbener Diener, zu denen die Kinder in mystischer Beziehung stehen, hätte Hitchcock nicht gruseliger ins Bild setzen können. Der Abend gewinnt Magie zudem durch die luzide Musizierweise des 13-köpfigen Instrumentalensembles im Orchestergraben.