Keine Fördermittel für Bündnis internationaler Produktionshäuser ab 2025 Bund stoppt Förderung für Tanzhaus und FFT

Düsseldorf · Böse Überraschung für die beiden Kulturinstitutionen: Sie gehören zum Bündnis internationaler Produktionshäuser, das ab 2025 kein Geld mehr bekommen soll. Das bedeutet Stellenabbau und das Aus geplanter Produktionen.

Das Tanzhaus NRW ist untergebracht im alten Düsseldorfer Straßenbahndepot.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Es hätte eine Erfolgsgeschichte werden können. 2015 schlossen sich sieben internationale Produktionshäuser – darunter das Tanzhaus NRW und das Forum Freies Theater (FFT) in Düsseldorf, Pact Zollverein in Essen und Kampnagel in Hamburg – zu einem Bündnis zusammen. Ihr Ziel: gemeinsam Produktionen und Projekte wie Akademien zur Qualifizierung von Freiberuflern in Themenfeldern wie Produktion, Kommunikation, Digitalisierung oder Inklusion zu realisieren. Der Bund stieg mit einer jährlichen Fördersumme von vier Millionen Euro ein und sicherte damit nicht nur geplante Kooperationen mit internationalen Künstlerinnen und Künstlern der freien Tanz- und Theaterszene. Es wurden eigens für die Umsetzung auch Stellen geschaffen.

In der Sommerpause des Bundestages nun kam die böse Überraschung mit einem Kabinettsbeschluss zum Bundeshaushalt 2025. „Wir hatten ein Intendantentreffen der beteiligten Produktionsstätten und wollten wissen, ob es auch im kommenden Jahr bei der Fördersumme in Höhe von vier Millionen bleibt und ob wir mit der beantragten Aufstockung von einer weiteren Million rechnen können“, so Ingrida Gerbutaviciute, die seit der Spielzeit 2022/23 Intendantin des Tanzhaus NRW ist. Das Bundesministerium für Kultur und Medien teilte ihnen daraufhin mit, dass im kommenden Haushalt 2025 keine Fördermittel mehr für das Bündnis internationaler Produktionshäuser vorgesehen sind.

„Wir waren nicht nur entsetzt über die Entscheidung, auch das Wie der Kommunikation ist uns unbegreiflich“, ärgert sich Kathrin Thiedemann, Geschäftsführerin des FFT. Denn hätten die Intendantinnen und Intendanten nicht von sich aus nachgefragt, hätten sie die kommende Spielzeit so geplant, als sei die Finanzierung bereits gesichert.

Unverständlich sei die Entscheidung auch deshalb, weil die Förderung entgegen der im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarung, das Bündnis internationaler Produktionshäuser „als Innovationstreiber“ in den darstellenden Künsten zu „stärken“, eingestellt werden soll.

Gefragt, was dies für konkrete Auswirkungen haben wird, muss Gerbutaviciute nicht lange überlegen. „Wir könnten unser ‚Artists in Residence‘-Programm nicht mehr fortsetzen, das unter anderem Projekte von Choy Ka Fai auf die Bühne brachte, und internationale Inklusions-Produktionen wie beispielsweise von Dan Doe oder Chiara Bersani wären im Tanzhaus nicht mehr zu sehen.“ Wie das Tanzhaus NRW ist auch das FFT eine wichtige Plattform für die freie Szene. Sie bieten Künstlerkollektiven, Theatergruppen, Tanzkompanien und Solisten nicht nur eine Bühne. Zum Teil treten sie auch als Ko-Produzenten in den kreativen Prozess mit ein.

Eine Sprecherin der zuständigen Kulturstaatsministerin, Claudia Roth (Grüne), erklärte auf Anfrage: „Leider war es aufgrund der sehr angespannten Haushaltslage nicht möglich, die Förderung des Bündnisses Internationaler Produktionshäuser durch die Bundesebene fortzusetzen.“ Die Förderung der freien Kunst- und Kulturszene bleibe aber ein Kernanliegen. Als Beispiel nannte die Sprecherin den Bundeskulturfonds, dessen Förderung für 2025 sogar aufgestockt werde soll. Zudem würde „mit zusätzlichen Mitteln die Reform der Filmförderung vorangebracht“.

Die Intendanten hoffen indes, dass es vor der endgültigen Verabschiedung des Haushalts für das kommende Jahr im November 2024 noch zu einem Kompromissvorschlag kommen wird. Doch auch auf ihre Anfrage an das Ministerium traf bislang noch keine Antwort aus Berlin ein.

„Das bringt uns in große Schwierigkeiten, da wir ja bereits die kommende Spielzeit planen müssen“, sagt Gerbutaviciute: „Deshalb haben wir den betroffenen Künstlerinnen und Künstlern schon vorausschauend mitgeteilt, dass wir zum jetzigen Stand angedachte Kooperationen nicht realisieren können.“

Die Entscheidung, Fördermittel nicht mehr zu bewilligen, die zehn Jahre lang fester Bestandteil der Zusammenarbeit bundesweiter Produktionshäuser waren, hat weitreichende Folgen. „Wir müssen zum Beispiel das Fortbildungsprojekt Theater- und Tanzjournalismus einstellen, eigens geschaffene Stellen, um internationale Produktionen etwa von technischer Seite betreuen zu können, werden wir streichen müssen“, zählt Tiedemann auf.

Die Intendanten wollen die Entscheidung nicht einfach hinnehmen und gehen darum auch an die Öffentlichkeit, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen.