Orgelkonzert in der Neanderkirche Meisterlich durch die Sonatenwelt

Düsseldorf · Das jüngste „Sommerliche Orgelkonzert“ gestaltete der 19-jährige Silvan Meschke. Er spielte ein virtuoses Programm von Bach bis Reubke.

Organist Silvan Meschke.

Foto: Mark Mocnik

Er ist gerade einmal 19 Jahre alt, der Organist Silvan Meschke. Aber beim „Sommerlichen Orgelkonzert“ in der Neanderkirche spielte er größtenteils wie ein erfahrener Meister. Von der Kanzel aus erläuterte er zunächst sein Programm. Er habe bewusst ausschließlich Sonaten ausgewählt, Exemplare jener Großform für kleine Besetzung, von der für die Orgel – im Gegensatz zu Klavier und Streichinstrumenten – gar nicht mal so viele existieren würden. Vom Barockkomponisten Johann Sebastian Bach spielte Meschke die Triosonate Nr. 5 C-Dur, von dessen bereits der Frühklassik angehörenden Sohn Carl Philipp Emanuel die Sonate Nr. 5 c-Moll, gefolgt von einer Triosonate des in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wirkenden Komponisten und Kantors Hugo Distler und der Sonate c-Moll über den 94. Psalm des bereits 24-jährig verstorbenen Brahms-Altersgenossen Julius Reubke.

Die Sonaten der beiden Bach-Familienmitglieder, mit denen der Abend in der – wie immer – bestens besuchten Neanderkirche begann, gelangen tadellos transparent mit blitzblanken Trillern und gleichmäßig schnurrenden Läufen. Besonders spannend war das allerdings nicht, weil das Moment des Innehaltens und Entstehenlassens etwas zu kurz kam. Mithin wirkte die Darbietung, wie wenn der Klassen-Primus ein Gedicht fehlerfrei, aber eine Spur zu hastig aufsagt.

Mit der Sonate Distlers schien Silvan Meschke gestalterisch mehr anfangen zu können: „Rasche, energische Halbe“ lautet die ungewöhnlich formulierte Satzbezeichnung, die auf bezeichnende Weise widersprüchlich anmutet mit langen Notenwerten bei hohem Tempo. Das wirkt wie ein Tiger, der angespannt im Käfig auf- und abgeht. Diese etwas kapriziöse Musikwelt brachte Meschke an der Orgel ausdrucksstark zum Klingen. Und die „sehr erregten Achtel“ des zweiten Satzes gelangen spieltechnisch und gestalterisch formidabel.

Ebenso famos gelang die Psalm-Sonate Reubkes – ein klangmächtig-komplexes, teilweise virtuoses Opus, das die Heraufbeschwörung von Gotteszorn über „Gottlose“ zum Programm hat. Besonders interessant gelang der mit „Adagio“ überschriebene dritte Satz, in dem sich Meschke aus den Register-Untiefen der großen Rieger-Orgel bediente und äußerst gruselige Bassklänge auswählte. Reubke, der noch während der Schumann-Zeit komponierte, klingt erstaunlich modern und lässt teilweise Max Reger vorausahnen. Der junge Interpret an der Orgel machte aus dieser biblischen Tondichtung ein mitreißendes Konzerterlebnis. Den begeisterten Beifall leitete Meschke per Handzeichen an die Orgel weiter.