Christina Leichts Gespür für Literatur
Die Mutter von vier Kindern studierte Politik, Anglistik und Jura. Dann begann sie zu schreiben. Heute erhält sie Preise für die Werke.
Düsseldorf. Sie befindet sich in bester künstlerischer Gesellschaft, die Juristin Christina Leicht, die zu schreiben begann und jetzt nur noch Belletristik verfasst — denkt man an die Dichter Goethe, Heine und August von Platen die zunächst Jura studierten, oder den Komponisten Robert Schumann, der sich erst der Juristerei widmen musste, bevor er sein Tun ganz der Musik verschrieb. Auch einen gewissen künstlerischen Erfolg hat die gebürtige Düsseldorferin mit den Großen gemeinsam. Immerhin erhielt sie jüngst zwei Auszeichnungen: den Münchner Kurzgeschichten-Preis und den Förderpreis der Metropole Ruhr zum Thema „Keine Kohle“.
Der Wunsch, Schriftstellerin zu werden, sei schon immer da gewesen, sagt Christina Leicht. „Jura habe ich vor allem im Sinne von Lern-erstmal-etwas-Vernünftiges gemacht.“ Irgendwann habe es sie dann aber doch auch wirklich interessiert, vor allem in der Referendarzeit als es darum ging, all das Studierte in die Tat umzusetzen. Der Parallele zu den Dichter-Juristen sei sie sich durchaus bewusst: „Es ist wohl kein Zufall, dass viele Juristen schreiben, auf etwas andere Art funktioniert ja auch Rechtswissenschaft ausschließlich über Sprache. Ich habe noch keinen Juristen getroffen, der sich nicht gut ausdrücken kann, das gehört einfach dazu.“
Nach dem Jura-Studium folgte eine Zeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin, währenddessen sie sich auch schon als Ghostwriterin betätigte. Von 2008 bis 2009 habe sie mit ihrer Familie in den USA gelebt, berichtet die Mutter von vier kleinen Kindern. „Mein Mann hat ein Jahr lang in Boston gearbeitet. Ich habe mich in erster Linie um die Kinder gekümmert, fand aber auch Zeit zum Schreiben.“ Die Preise aus München und der Metropole Ruhr seien derweil nicht die einzige Bestätigung ihrer Schreibbegabung. „Ich war auch in der Finalrunde beim Agatha-Christie-Preis.“
In Christina Leichts jüngster Erzählung „Land unter“, für den sie 2011 den Förderpreis der Metropole Ruhr bekam, mischt sich die Fiktion vom zukünftigen Ruhrgebiet mit einer Familiengeschichte. Es geht um einen sommerlichen Schiffsausflug auf dem großen Ruhrlandsee — eine Nostalgiereise: Am Grund des Sees befindet sich die ehemalige Ruhrlandschaft, am Ufer des Sees blühen Zitronenbäume. Alle sind zufrieden bis auf einen älteren Herrn, der das Ruhrgebiet noch in seiner alten Beschaffenheit kennt und sich nach der Vergangenheit zurück sehnt.
„Ich entwerfe eine technische Utopie des Ruhrgebiets“, sagt die Autorin über die Erzählung. „Es ist warm, Palmen wachsen am See, es ist so, wie man es sich eigentlich erträumt.“ Und doch entstehe ein Generationenkonflikt zwischen den Alten, die am Neuen Verzweifeln und den Jungen, die das Alte weder kennen noch suchen.
Derzeit arbeitet Frau Leicht an ihrem ersten größeren Roman. „Ich mag Themen, die im Hier und Jetzt spielen und Geschichten, die von echten Menschen handeln.“ Der Roman spielt deshalb mitten in der Wirtschaftskrise. Es geht um Stellenabbau, Kündigungen und vier Menschen, die nichts teilen außer die Enge ihres Büros.