Interview „Photo Weekend darf nicht sterben“

Düsseldorf · Interview Zum letzten Mal betreut die Galeristin Clara Maria Sels das Foto-Projekt.

Clara Maria Sels organisiert zum achten Mal das Photo Weekend.

Foto: Helga Meister

Seit 2012 gibt es das Photo Weekend, bei dem sich Düsseldorf als Foto-Stadt präsentiert. Clara Maria Sels war Sprecherin der Galeristen, als Werner Lippert vom NRW-Forum bei ihr auftauchte, ein Fotowochenende vorschlug und anfragte, ob sie Lust zum Mitmachen habe. Seitdem engagiert sie sich, plant, organisiert, dirigiert. Am Donnerstag um 20 Uhr ist Auftakt im Kunstpalast. Im Gespräch mit Clara Maria Sels geht es um acht spannende, auch dramatische Jahre sowie um einen hoffnungsvollen Ausblick.

Frau Sels, Sie starteten damals mit 20 Teilnehmern. Wie waren denn die Bedingungen?

Sels: Werner Lippert übernahm die Ausstellung in seinem Haus, ich kümmerte mich um Galerien und Off-Räume. Es war ein sehr unkomplizierter Umgang. Wir waren beide ziel-orientiert. Befindlichkeiten gab es nicht.

Sie haben die Galerien abgeklappert?

Sels: Ich habe ihnen den Gedanken vorgetragen. Aufgrund des kurzfristigen Termins konnten sich nicht alle anschließen.

Lippert und seine Frau verließen 2013 das NRW-Forum, nachdem das Land die Finanzierung gestrichen hatte. Was war dann Ihr Part?

Sels: Das Haus war praktisch vakant, also ohne Direktor und ohne Ausstellungsprogramm. Daraufhin fragte mich die Stadt, ob ich das Photo Weekend weiter machen wollte, mitsamt einer Ausstellung im NRW-Forum. So kam 2014 die Retrospektive von Duane Michals, 2015 Human Nature von der Deutschen Börse und Neuer Realismus in der italienischen Fotografie. Als Bieber schon im Anrollen war, habe ich 2016 die Horst P. Horst-Ausstellung aus dem Victoria and Albert-Museum nach Düsseldorf gebracht.

Wann kam der Krach?

Sels: 2018. Im Frühjahr war noch alles in einer großen Runde mit Kulturpolitikern, Verwaltung und Galeristen abgesprochen, dass das Photo Weekend wie gewohnt läuft. Im Sommer kam dann die Überraschung in einer E-Mail des Kulturdezernenten und wenig später des Alain Bieber. Das Photo Weekend solle es nicht mehr geben. Das heiße jetzt Düsseldorf Photo.

Sie haben bis heute Unterstützung von Galerien bekommen, aber nicht von denen aus Flingern. Warum?

Sels: Wir wissen es nicht. Meine Kollegen haben vergeblich nachgefragt. Es gab inzwischen ein Gespräch zwischen dem Kulturdezernenten und einigen Flingeraner Galerien, die ihre Wünsche vortrugen. Sie wollten nicht, dass die Zuschüsse der Stadt an den Förderverein überwiesen werden. Die Rechnungen für das Photo Weekend werden nun direkt an die Stadt geschickt.

Sie haben knapp 60 Teilnehmer. Ist das Ziel erreicht?

Sels: Es machen alle Institute, Museen und private Stiftungen wie Kai 10 und Philara mit. Hinzugekommen sind beispielsweise Sipgate mit zwei berühmten Becher-Schülern.

Sie organisieren selbst drei Ausstellungen. Was ist im Haus der Universität?

Sels: Dort zeigen wir Eva Siao, eine deutschstämmige Jüdin aus Breslau. Sie hat einen spannenden Lebenslauf, emigrierte im Krieg nach Schweden, lernte in Moskau ihren Mann kennen, heiratete in China, fiel in der Kulturrevolution in Ungnade, floh mit den drei Kindern nach Kasachstan, wurde bei ihrer Rückkehr nach China verhaftet und wegen angeblicher Spionage mit ihrem Mann für sieben Jahre in Einzelhaft gehalten. In ihren Fotos bewegt sie sich zwischen den Kulturen. Wir haben Kontakt zur Familie, die Enkelin Erika kommt extra aus USA zur Vernissage. Und Christoph Bangert, Juror des World Press Photo Award und Dozent an der FH in Dortmund, stellt einen Fotobus auf den Schadowplatz und lässt seine Studenten die Passanten befragen.

Was präsentieren Sie bei Walter Rudolph im WP 5 am Worringer Platz?

Sels: Fotografen aus Mitteleuropa, die über den gesellschaftlichen Wandel in ihren Ländern berichten.

Wer sind Ihre Ansprechpartner?

Sels: Wir haben inzwischen ein eigenes Netzwerk durch andere Foto-Festivals. Meine Mitarbeiter sind fast alle Fotografen. Ich bin ja selbst Fotografin. Das weiß man nur nicht.

Wo denn, was denn?

Sels: Die Laborchefin für Fotografie in der Pathologie des Universitätsklinikum hat eigens für mich eine Lehrstelle eingerichtet. Ich habe von der Pieke auf Mikro- und Makrofotografie gelernt. Anschließend ging ich in die Werbung, habe ein Jahr bei Paulo Greuel und zwei Jahre bei Hans-Walter Grave, einem der ersten digitalen Fotografen gearbeitet.

Und wie wurden Sie Galeristin?

Sels: Mit 25 Jahren wollte ich eigentlich nach England auf die Filmschule gehen, als mein Chef Grave mich überredete, eine Galerie zu gründen, mit meinem damaligen russischen Lebenspartner als Künstler und mit ihm als Geschäftspartner. Wir eröffneten 1989 zum Mauerfall.

Ich erinnere mich noch an die tolle Kabakov-Ausstellung. Sie hatten auch Kontakt zu Künstlern nach Kanada. Wie kam das?

Sels: Mein Vater gründete sein eigenes Unternehmen in Kanada. Mein jüngster Bruder lebt bis heute dort und führt das Unternehmen weiter.

Und wie hängen Sie mit Sels in Neuss zusammen.

Sels: Mein Großvater war Ölmüller. Er hatte fünf Kinder. Zwei der Söhne sind in die Ölmühle gegangen. Aber nicht mein Vater.

Sie zeigen im NRW-Forum skandinavische Fotokünstler mit zeitgenössischen Porträts. Da müssen Sie doch Kontakt zu Alain Bieber haben. Klappt das?

Sels: Ich war ja nicht gut auf den Mann zu sprechen. Aber wir haben uns ausgesprochen. Jetzt ist alles im grünen Bereich. Es ist eine sehr nette Kooperation auch mit den Mitarbeitern.

Und trotzdem wollen Sie jetzt das Photo Weekend abgeben?

Sels: Das ist eine Frage meiner Lebensplanung. Das Photo Weekend nimmt unheimlich viel Zeit in Anspruch. Ich möchte mich mehr um mein eigenes Geschäft kümmern.

Ein Wunsch zum Abschied?

Sels: Das Photo Weekend lässt man nicht sterben. Ich möchte die Arbeit gern auf mein Team übertragen. Es kennt sich aus und arbeitet kuratorisch. Aber zunächst einmal bin ich froh, dass es wieder an den Start geht.

Alle Informationen zum Photo Weekend, das vom 8. bis zum 10. März stattfindet, online.