Die „Tommy-Horde“ wächst stetig
Das Interesse an Thomas Mann ist groß: Vor zwei Jahren gründeten acht Forscher eine Gesellschaft, heute zählt sie 70 Mitglieder.
Düsseldorf. Der Tisch wird immer größer, den Heike Spies im „Hirschchen“ reserviert. Nach jeder Lesung, nach jedem Vortrag zieht die „Tommy-Horde“ in die Gaststätte unweit des Goethe-Museums. Eine ziemlich familiäre Bezeichnung, mit der die stellvertretende Museumsdirektorin und Vorstandsmitglied der Düsseldorfer Thomas-Mann-Gesellschaft die Literaturinteressierten charakterisiert. Elitär geht es bei der vor zwei Jahren von acht Forschern gegründeten Vereinigung nicht zu. Sie veranstalteten jüngst ein Forum für Studenten mit dem Titel „Thomas Mann — ein Langweiler?“. Die Antwort fiel deutlich aus: Mann ist aktuell, modern und allgegenwärtig.
Inzwischen zählt der Verein 70 Mitglieder, gerade erschien der erste Sammelband mit den Vorträgen der vergangenen zwei Jahre. Vorsitzender Sebastian Hansen beschreibt die Lektüre der Werke Manns als „bildenden Genuss“. In einer Gesellschaft, in der Kurznachrichten und Internet-Kommunikation immer wichtiger werden, bestehe ein Ausdrucksbedürfnis. „Thomas Mann ist eine große Hilfe, wenn ich nicht atmen kann in meiner Sprache.“ Er zeige, was Sprachmacht bedeute.
Eine Macht, die nicht nur Literaturexperten in Bann zieht. Die Thomas-Mann-Gesellschaft verbindet die Forschung an der Uni mit dem kulturellen Leben in der Stadt, Vorträge finden in der Universitäts- und Landesbibliothek statt, die auch die umfassende Thomas Mann Sammlung beherbergt. Auch im Goethe-Museum hat Thomas Mann inzwischen seinen festen Platz mit Lesungen und Besuchen renommierter Mann-Kenner gefunden.
Wie wichtig Düsseldorf für den Literaturnobelpreisträger war, spielt dabei immer wieder eine Rolle. Im Logo der Gesellschaft taucht ein schwarzer Schwan auf. Ein Verweis auf die Novelle „Die Betrogene“ (1953) und die darin beschriebenen Trauerschwäne am Schloss Benrath. Mann war gerne in der Stadt, seine Schwester spielte hier Theater und 1927 verliebte er sich in Klaus Heuser, Sohn des damaligen Direktors der Kunstakademie. Spannende Geschichten. Wie auch die, warum Mann kein Langweiler ist. Die Ergebnisse des Studentenforums erscheinen demnächst als Sammelband.