Pianist Fabian Müller nimmt Musik beim Wort
Düsseldorf · Der junge Pianist präsentierte sich im Schumann-Saal in der Reihe „Talente Entdecken“
Heutzutage ist die Frage weniger, ob einer in der Lage ist, Repertoire makellos auf dem hochpolierten Klang heutiger Flügel strahlen zu lassen, sondern vielmehr, ob es gelingt, sich von der erdrückenden Masse an Pianisten abzusetzen. Unsitten, Werke derart zum eigenen zu machen, dass der Komponist hinter dem Interpreten zu verschwinden scheint, gehören zum Geschäft. Den hochgezüchteten Flügeln übrigens ist zu verdanken, dass Pianisten heute nahezu alle einen Klang zu produzieren vermögen, der zumindest bei oberflächlicher Betrachtung immer strahlt wie die blank polierten Messing-Elemente an den schwarz glänzenden Instrumenten. Unterschiede, Feinheiten im Anschlag, in der Tönung zu entdecken, bedürfen eines bedachten Hinhörens, daher muss man sich mit anderen Mitteln profilieren.
Nun in eben solchen Zeiten, hat der wohl dominanteste Hersteller von Konzertflügeln Steinway & Sons schon seit längerem begonnen, sich dafür einzusetzen, im großen Strome der von den Hochschulen kommenden hervorragenden Pianisten besondere Perlen herauszulesen und diese zu präsentieren.
Hierzu durchstöbert man Wettbewerbe – die auf Steinway-Flügeln bestritten werden. So kann man auch im Robert-Schumann-Saal im Kunstpalast in Kooperation mit Heinersdorff und eben jenem „Steinway Prize Winner Concerts Network“ Preisträger großer Wettbewerbe im Konzert erleben.
Und bei dem jüngsten Konzert dieser Reihe durfte man einem Pianisten – ein gebürtiger Bonner – lauschen, der einen erfrischenden Gegenpol zu der oben beschriebenen Misere zu bieten scheint. Wahre Liebe eines Interpreten zu einem Komponisten zeigt sich nicht zuletzt darin, dass dieser versteht; die Musik beim Wort zu nehmen und das tut er. Wie banal dies auch klingen mag, ist das nicht selbstverständlich.
Fabian Müller heißt der junge Mann, der sich seinem geliebten Brahms und Beethoven, zu dem er allein schon örtlich eine gewisse Verbindung hat, widmete. Und gerade bei Brahms wirkte Müllers Spiel so selbstverständlich und respektvoll, dass man fast meinen könne, es fehle an Pfiff oder Würze. Aber muss es immer dieses ewige Aufspielen und Muskel-Zeigen sein? Reicht es nicht, seinen Brahms mit Hingabe und gutem Ton zu spielen? Mit viel Gespür für die richtigen Tempi, für einen beflügelten Klang, der weder besonders exaltiert noch zu scheu daherkommt.
Nach Brahms´ Balladen op. 10, erklangen Beethovens Sieben Bagatellen op. 33, indes mit deutlich mehr Pfeffer. Nach der Pause zunächst wieder souveräner Brahms (Drei Intermezzi op. 117) und schließlich Beethovens „Appassionata“ (op. 57) – eines jener Stücke, das von Pianisten gerne als Visitenkarte genutzt wird und somit besonders gefährdet ist, was interpretatorische Übersättigungen anbelangt.
Doch Müller blieb Beethoven und sich auch hier treu, zündelte aber mit deutlich mehr Reisig als den restlichen Abend zuvor, was sich im jubelnden Applaus niederschlug.