In der Tonhalle Mahlers Zweite Sinfonie: In Klang gegossene Mystik

Düsseldorf · Beim Sternzeichenkonzert trafen sowohl Orchester als auch Chor und Solisten dank Ádám Fischers Dirigat perfekt den Tonfall Gustav Mahlers.

Ádám Fischer leitete Solisten, Chor und Symphoniker mit größter musikalischer Durchdringung durch Gustav Mahlers mystisch-monumentale 2. Sinfonie.

Foto: ja/Susanne Diesner - Photography fo

Jubel, Standing Ovations, Bravorufe aus allen Ecken und ein nicht enden wollender Applaus beschloss das jüngste Sternzeichenkonzert in der Tonhalle unter Ádám Fischers Leitung.

Im Mahler-Zyklus widmete man sich diesmal der so vielschichtigen, mystischen und beflügelnden Zweiten Sinfonie. Zusammenfassbar in den Worten aus dem Chor des letzten Satzes: „Sterben werd` ich, um zu leben“. Der Tod als Übergang, als Verwandlung als eine Rückkehr zu unserem Ursprung, zu Gott. „Mit Flügeln, die ich mir errungen, in heißem Liebesstreben werd´ich entschweben zum Licht, zu dem kein Aug´gedrungen!“, heißt es dort weiter.

Doch diese Unio Mystica muss errungen werden. Dies geschieht in der zwischen 1888 und 1894 entstandenen 2. Sinfonie Mahlers musikalisch mit einem Griff nach allen Sternen, die große Sinfonik zu Mahlers Zeiten bieten konnte und weit darüber hinaus.

Eröffnet mit einer in Stein gemeißelten, aber gleichzeitig so mitreißenden „Totenfeier“, dem großen – so schwer im Ton adäquat zu treffenden – ersten Satz. Denn bei aller rhythmischen Wucht, schmerzlicher Leidenschaft, harter Kraft und den Tod zu überwinden versuchender Energie braucht diese Musik eine unbeirrbare Zugrichtung, darf nicht erstarren, holzschnittartig zerklüften. Bei Fischer klingt alles so, als ob es nicht hätte anders gespielt werden können.

Und damit wären wir tatsächlich bei der Frage, was diesen Abend so herausragend macht. Düsseldorfer Symphoniker, der Chor des Musikvereins (Einstudierung Marieddy Rossetto), Tünde Szabóki (Sopran) und die Altistin Nadine Weissmann ließen sich von Mahlers Geist mit Hilfe Fischers derart anstecken, dass keine Fragen offenblieben.

Es mag „perfektere“ Aufführungen geben oder schon gegeben haben, aber hier stimmt der Tonfall in jeder Phase, ausnahmslos. Alles scheint aus einem Guss, was bei der Diversität der musikalischen Sprachen, die in diesem Werk verwoben sind, gar nicht so einfach ist. Fischer lenkt die Symphoniker auch mal mit gestrenger Geste, geballter Faust auf rhythmische Akkuratesse und in jeder Phrase liegender Energie pochend – mit Erfolg.

Bewies in der Wahl der Tempi und vor allem der Übergänge untrügliches Gespür, für das, was diese Musik braucht, Bewegung und Bogen, unter dem alles von Mahler Zusammengetragene seinen Platz findet.

Dies führt zu eher etwas schneller genommen Passagen, wenn nötig, zu fließenden Ruhephasen, die aber nicht versteinern, und zur scheinbaren Auflösung von Zeit, wenn es nötig ist. Doch der Trick ist hier das „scheinbare“, Fischer hält immer die Zügel fest in der Hand.

Die Symphoniker spielen sowohl den lieblichen Ländler des zweiten Satzes – aber zwischen dem Idyll geht es zur Sache – als auch das weltverlachende Scherzo des dritten Satzes mit einer Selbstverständlichkeit, die vergessen macht, was für Schwierigkeiten in Mahlers Partitur eingewoben sind.

Dieser dritte Satz ist übrigens mit „Des Antonius von Padua Fischpredigt“ aus Mahler Wunderhorn-Liedern eng verknüpft gleichwie auch der so mystische vierte Satz „Urlicht“.

Daher werden die ersten Symphonien Mahlers auch als „Wunderhorn-Symphonien“ bezeichnet. Den jenseitigen Zauber des „Urlicht“-Satzes trifft man dank Weissmanns warm-weicher Stimme genauso, wie die im letzten Satz aufbäumende Sehnsucht nach Vereinigung mit Gott.

In dem neben einem Fernorchester, hinter der Bühne, auch an verschiedenen Stellen deponierte Blechbläser für „jenseitige Klänge“ sorgen. Die transzendenten Momente betören, gleichwie die musikalischen Schlaglichter auf die absolut kultiviert singenden Sopranistin Szabóki und Altistin Weissmann.

Den Chor lässt Fischer zunächst im Sitzen singen, was etwas verwundert. Aber das Pianissimo flüstert wie gewünscht.

Schließlich endet Mahlers Zweite in einem gewaltigen Klangrausch, der noch lange nachhallt in den Herzen des euphorisierten Publikums.

Auf den Abend übrigens perfekt eingestimmt hatte zuvor eine Spendenübergabe seitens der Düsseldorfer Symphoniker an das Hospiz am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf. Eine sehr schöne Sache.

Und musikalisch eine dem Mahler vorangestellte Meditation Haydns aus „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“. „Fürwahr, ich sage es dir“ in der Bearbeitung von Streichquartett aus der Feder des Komponisten.