Düsteres Gefängnis-Szenario
„half past selber schuld“ bringt einen surrealen Comic im FFT auf die Bühne.
Düsseldorf. Wer hier eingelocht wird, sollte alle Hoffnung fahren lassen. Abwärtsbunker heißt das Loch euphemistisch. Doch das Gefängnis liegt im so genannten "Folterkomplex" und die Insassen Dunkelziffer, K. und Karl Klebebart ahnen, was sie erwartet.
Die neue Produktion "Abwärtsbunker" der Gruppe "half past selber schuld" wurde bereits 2008 als WDR-Hörspiel produziert und kam nun in den Kammerspielen des FFT heraus. Und wie gewohnt, zündet das Duo Ilanit Magarshak-Riegg und Frank Römele samt zahlreichen Helfern ein Feuerwerk der Ideen.
Superheld Dunkelziffer ist ein rüsselbewehrter Rambo im weißen Ganzkörpertrikot mit Herzchenunterhose. Nach dem Verhör wird er von einem wandelnden quaderförmigen Wärterautomaten in seine Zelle eskortiert. Dort schweben pyramidale Nachrichten herein und implodieren mit gemalten Staubwölkchen.
Der Star-Wars-Computer R2D2 pufft Rauchschwaden in die Luft. Dunkelziffer wird von zwei sadistischen Chirurgen in der Draufsicht am Brustkorb operiert.
Untermalt von melancholischen Livesongs zu Trompete, Bass und Xylophon vermengt der in Schwarz-Weiß (Ausnahme: rote Herzen) gehaltene Abend Figuren- und Schattenspiel mit dem Comic. Doch anders als früher wird diesmal kein Animationsfilm eingesetzt. "half past selber schuld" spielen den Comic auf faszinierende Weise live.
Im Knast trifft Dunkelziffer auf den geschwätzigen Karl Klebebart mit Hantel und Pilzkopf sowie den halbherzigen K. Ihre geplante Flucht im 57. Tiefgeschoss geht schief. Abhilfe schafft erst die nosferatuähnliche Puppe Allegro, die über die "unendliche Kiste" mit Büromaterial gebietet. Mithilfe der Ratte Maxi lässt er die Opfer schrumpfen und entkommen - nicht in die Freiheit allerdings.
Nicht ganz von ungefähr taucht der Name Kafka auf einem Buchrücken auf. Von der düsteren Institution bis zur Brutalität lässt vieles an dessen Erzählung "In der Strafkolonie" denken. Gemixt mit dem surrealen Witz des Comics und Elementen des Stumm-, Sciencefiction- und Gefängnis-Ausbruchs-Films. Gelegentlich merkt man der Dramaturgie des Abends seine Primärkonzeption als Hörspiel an. Doch das sind Kleinigkeiten angesichts eines ansonsten begeisternden Vergnügens.