Eine Totenmesse für das 20. Jahrhundert

Premiere: Die Schweizer Gruppe Velma bringt ihre Version des „Requiem“ auf die FFT-Bühne.

<strong>Düsseldorf. Sie gehören zum Beeindruckendsten, was die europäische Musikgeschichte hervorgebracht hat: Die berühmten Totenmessen von Mozart und Verdi. Wer das jeweilige Requiem einmal gehört hat, vergisst es nicht so leicht wieder. Zu eindringlich, zu aufwühlend ist die Musik. Viele werden sie schon auf dem Sofa liegend genossen oder nach einem Live-Konzert noch stundenlang beim Italiener um die Ecke von ihr geschwärmt haben. Dabei ist der Text des Requiems eigentlich wenig geeignet für faule Sonntagnachmittage oder Spaghetti vongole.

Der Vatikan hat die Texte aus dem Liturgie-Programm genommen

"Tag des Zornes, jener Tag löst die Welt in Glut auf ", heißt es im lateinischen Hymnus "Dies irae". Und: "Wenn die Überführten verflucht sind und den scharfen Flammen zugesprochen". Aber wer glaubt im 21. Jahrhundert schon noch an Hölle, Tod und Teufel? Der Vatikan selbst hat die dramatischen Passagen schon vor vielen Jahren aus dem normalen Liturgie-Programm genommen.

Ein hoher Anspruch - und FFT-Intendantin Kathrin Tiedemann legt noch einen drauf: "Vielleicht ist Kunst der einzige Bereich, an dem man noch die Wahrheit sprechen kann." Doch was ist die Wahrheit? Man wolle, sagt Tiedemann nun bescheidener, keine großen Entwürfe anbieten, sondern fragen: Was haben wir in der ,Sackgasse des 20. Jahrhunderts’ verloren?" Alte Denkmuster sollen überwunden, "über-schritten" werden.

"Aber das Theater soll nicht auf der Welle der Spiritualität segeln", verwahrt sich die Intendantin gegen Vergleiche mit der Literatur-Mode zwischen Papst-Schriften und Promi-Pilger-Büchern. Das Transzendente und Mythische spielt aber schon eine Rolle, nicht nur im "Requiem". Im Oktober etwa kommt die Compagnie Scènes aus Lyon mit einer "Medea"-Interpretation.