Düsseldorf Falcos Lieder stark genug für ein Musical
Leben und die Hits des österreichischen Sängers kamen bei einem Gastspiel auf die Bühne des Capitol-Theaters in Düsseldorf. Es wurde ein Abend mit Abstrichen und einem wichtigen Vorhaben am Ende.
Düsseldorf. Der Abend fängt zu gut an. Bevor „Falco - Das Musical“ richtig beginnt, ist der Österreichische Sänger in Interviewausschnitten zu erleben: Die Sätze, der Habitus, die Weisheiten, sie alle machen deutlich, welch seltener, bemerkenswerter, heute noch höchst beachtlicher Musiker der als Johann „Hans“ Hölzel Geborene und 1998 bei einem Autounfall Verstorbene war.
Musicals zu Ehren von Popstars gibt es derzeit reichlich. Lindenberg in Hamburg, Petry in Duisburg und eben Falco an diversen Orten. Die Tournee hat nach Angaben der Veranstalter schon mehr als 135 000 Gäste erlebt. Das Stück ist auch mit Hilfe von Falcos ehemaligem Manager und Freund Horst Bork entstanden, sein früherer Band-Chef Thomas Rabitsch ist musikalischer Leiter der Produktion. Für das Gastspiel in Düsseldorf waren schon vor Weihnachten nur noch ganz wenige Karten erhältlich.
Der Abend reißt die Zuschauer emotional hin und her. Durch die Videosequenzen haben sie den echten Falco vor Augen und im Ohr. Die Show erreicht dieses Original nie. Sie kommt ihm bisweilen recht nah, phasenweise ist das Stück auch reichlich von dessen Klasse entfernt. Die Musik (und die ist am Ende das Wichtigste) und die Geschichte machten die Qualität des Abends aus. Die darstellerischen Momente bewegten sich dagegen auf Augenhöhe mit einer der schwächeren Vorabendserien, die Ver-Musicalisierung mit sehr mittelmäßigen Tanzeinlagen erschien gar nicht erforderlich.
Die unlösbare Herausforderung für den Hauptdarsteller ist, dass man einen Exzentriker nicht spielen kann. Genie (das steckt schon in der Definition) lässt sich nicht nachahmen. Der Versuch scheitert in guten Zitaten, die spürbar künstlich aufgesagt werden - auch weil der Hauptdarsteller die Sprache, den Ton Falcos nicht trifft. Gesanglich kommt er ihm ausreichend nahe, den Rest macht die ausgezeichnete Live-Band.
Die Erzählung der Lebensgeschichte beginnt und endet mit dem tödlichen Unfall in der Dominikanischen Republik. Nach dem ein heftiger Aufprall zu hören war, beginnt die Hauptfigur (der Manager) mit dem Satz „Falco, ein Leben auf der Überholspur.“ Das Klischee lässt Schlimmes ahnen, das sich zum Glück nicht bewahrheitet. Es gibt statt dessen eine Biografie mit spannenden Anekdoten und Legenden: Der erste große Hit, „Der Kommissar“, war ursprünglich die B-Seite. Bei einem TV-Auftritt in den USA kündigt der Moderator einen Gast aus Australia statt Austria (Australien statt Österreich) an.
Je länger der Abend dauert, desto besser gelingt es der Erzählung erstaunlicherweise, die Tragik dieser und anderer Karrieren begreiflich zu machen. Musik ist Falco in einer schweren Kindheit die Rettung. Das macht ihn zu einem so ungewöhnlichen Künstler, das führt ihn bis an die Spitze der US-Hitparade. Die Rettung ist aber auch der Untergang. „Von jetzt an geht’s bergab“, sagt der Falco im Stück in der Szene, in der er Platz eins erreicht. Und so kommt es auch. Mehr kann er nicht erreichen, weniger ist zu wenig, weniger stürzt ihn immer tiefer in Alkohol und Drogen. Auch dazu passt ein Satz aus der Szene mit dem vermeintlichen Höhepunkt im Leben des Johann Hölzel: „Unsterblich bin ich erst, wenn ich tot bin.“
Die meisten Zuschauer klatschen stehend und es scheint, als sei ein Teil ihres Applauses einfach den Liedern an sich gewidmet. Und das ist bei allen gemischten Gefühlen an diesem Abend die wichtigste Erkenntnis: Man muss dringend mal wieder ein paar Falco-Lieder hören - und mal schauen, ob es im Internet nicht auch ein paar Interviews gibt.