Horst Janssen-Ausstellung: Zwischen Abgrund und Genie
Der Zeichner Horst Janssen wäre am Samstag 80 Jahre alt geworden. Die Galerie Vömel zeigt ihm zu Ehren eine Ausstellung.
Düsseldorf. Horst Janssen (1929 bis 1995) begann seinen Siegeszug durch die grafischen Künste 1966 im Kunstverein. Für das Cover des Katalogs stellte er sich in eine Mülltonne, hielt eine Hand lässig in der Jackentasche, die andere an der Zigarette und riss den Mund auf, als wolle er laut los brüllen. Nun zeigt die Galerie Vömel zu seinem 80. Geburtstag eine Gedenkausstellung.
Janssen spielte stets sich selbst. Sein Gesicht mit den hängenden Backen und sein massiger Körper wollten nicht so recht ins Klischee eines begnadeten Künstlers passen. Er konnte die Leute vor den Kopf stoßen, wenn sein Alkoholspiegel bedenklich in die Höhe schnellte, aber er war auch liebreizend und charmant. Das Zeichnen aber war für ihn ein Lebens-Elexier.
Ohne anzuhalten, sausten Filzstift, Radiernadel oder Bleistift für das Porträt über das Papier. Seine Kunst entsprach nie der fotografischen Richtigkeit. Sie war beredt, skurril, unheimlich, grotesk, komisch und gelegentlich auch absurd. Am besten aber glückten ihm seine Selbstporträts.
Dann saß der Kopf direkt auf den Schultern, war das Gesicht zerfurcht vom Suff und zerschnitten von den Schattierungen der Radiernadel. Die Brillengläser saßen häufig wie ein Schild gegen allzu neugierige Blicke auf der Nase.
Er konnte das Scheußliche und Schreckliche, die Runzeln des Alters, die zerfressene Gesichtshaut und die geschundenen Gesichter so skizzieren, als wären es göttliche Erscheinungen. Dann wieder zeigte er seine Tochter Lamme, wie sie am wild gewordenen Stier hing; keine Europa auf dem Stier, sondern unter ihm.
Für ihn gab es keine Trennung zwischen Jugend und Alter, Schönheit und Hässlichkeit. Traumwandlerisch sicher hielt er seine diversen Geliebten fest und fügte sich selbst als Kontrastfigur hinzu. Ein Künstler des gelebten Lebens. Als er 1968 auf der Biennale von Venedig mit dem Großen Preis ausgezeichnet wurde, avancierte er zu einem der wichtigsten Zeichner des 20. Jahrhunderts. Er starb 1995.