Klavierkonzert: Nikolai Tokarew - Ein Meister lässt sich prüfen
Der junge Starpianist Nikolai Tokarew brilliert beim Konzertexamen im Partika-Saal.
Düsseldorf. Er brachte bereits seine zweite CD beim renommierten Label Sony Classical heraus, gewann im vergangenen Jahr den Echo Klassik Preis und konzertiert auf großen internationalen Podien. Nun absolvierte der junge russische Starpianist Nikolai Tokarew den solistischen Teil seines Konzertexamens. Wie bitte?
Ja, es stimmt. Aber es mutet schon kurios an, wenn sich ein Künstler, dessen Weltkarriere so gut wie besiegelt ist, in die Niederungen des Hochschul-Examens zurückbegibt, um brav einem Professorengremium vorzuspielen. Umso erfreulicher, dass diese köstliche Melange aus Pflicht und Kür von jedem Musikinteressierten genossen werden konnte.
Das Examen war öffentlich, der Eintritt frei. Wer nun meint, einer wie Tokarew gehe entspannt und mit Siegerlächeln in die Prüfung, hat weit gefehlt. Ernst und konzentriert steht er kurz vor seinem Auftritt im Foyer des Partika-Saals und macht ein besorgtes Gesicht. Auch seine Lehrerin Barbara Szczepanska wirkt etwas nervös. Vielleicht ist der Erwartungsdruck zu hoch.
Doch nach ein paar Takten Rameau und erst recht nach Ravels fantastisch schwierigem "Gaspard de la nuit" besteht kein Anlass mehr zur Beunruhigung. Im Gegenteil: Tokarews Spiel breitet sich aus wie ein wunderbarer Bilderbogen. Dieser junge Pianist besitzt so viel Musikalität und technisches Können, dass sich die Größe der Werke vollkommen entfaltet.
Ganz in seinem Element ist Tokarew in der russischen Musik des 19. Jahrhunderts. Er baut enorme Steigerungen auf und tut dies so organisch, dass es den Hörer vollkommen mitzieht. Besonders eindrucksvoll gelingt ihm Peter Tschaikowskys "Nussknacker". Ob Miniaturmarsch oder Zuckerfee - Tokarew entlockt dem Flügel Klänge, die verzaubern. Die Examensnote muss natürlich noch gefunden werden - aber wer wollte in Anbetracht überragender Leistungen ins Grübeln geraten?