Kraftwerk: Die Maschinen sind der Star

Der Kölner Peter Boettcher ist Kraftwerk-Fotograf und zeigt seine Bilder der legendären Düsseldorfer Band im NRW-Forum.

Düsseldorf. Die Roboter starren einen schon am Eingang an. Meterhoch und meterlang — von einem Foto, das Kraftwerk 2005 während des Auftritts bei der Biennale in Venedig zeigt. Ralf Hütter, Fritz Hilpert, Henning Schmitz und Florian Schneider selbst waren im Moment, in dem der Auslöser gedrückt wurde, nicht auf der Bühne — nur ihre Replikanten R1 bis R4. Die Roboter eben. Ihnen ist jetzt — parallel zu den acht Düsseldorfer Kraftwerk-Konzerten, von denen Freitag das erst lief — eine Ausstellung gewidmet.

Seit den 70ern sind die Figuren aus Plastik und Metall als Mensch-Maschinen fiepend und wummernd unterwegs durch die Welt, um Popmusikgeschichte zu schreiben. Und seit 1991 ist Peter Boettcher als Haus- und Hof-Fotograf dabei. Seine ersten Bilder machte der Kölner zwar bei Punkkonzerten. Aber als er einst die Kraftwerk-Roboter bei ihrer Arbeit in den Düsseldorfer Kling-Klang-Studios fotografieren durfte, waren Schweiß, wogende Fanmassen und heroische Gitarrenposen passé. Die kalte Ästhetik hatte Boettcher umfangen.

Sie steckt in jedem seiner Bilder: Die Kraftwerk-Roboter stehen unbeweglich in grell leuchtenden Gitteranzügen auf der Bühne. Sie bedienen ungelenk die Knöpfe an ihren Synthesizern. Ihre Plastikaugen in ihren Plastikköpfen blicken in eine Ferne, die weit weg von jeder Emotion liegt. Die Absage an den menschlichen Starkult, die Mechanisierung von Musik — kurzum: das Gesamtkunstwerk Kraftwerk — wird auf die Spitze getrieben.

Sogar aus dem einzigen Foto der Ausstellung, das die Menschen hinter Kraftwerk zeigt, sprechen die Maschinen: Hütter und Co. marschieren bei einem Konzert im Jahre 2002 auf die Bühne — sind aber nur als im Gleichschritt marschierende Silhouetten zu erahnen. Im 3-D-Raum erfährt die Mensch-Maschine schließlich ihre höchste Evolutionsstufe: Die Gliedmaßen der dreidimensionalen Roboter bewegen sich nur, wenn sich auch der Betrachter mit der Brille auf der Nase bewegt.

„Ich mag es, wenn ich Bilder so arrangieren kann. Das ist mit Menschen nicht leicht möglich“, sagt Boettcher dazu. Eine Stunde später diskutieren wenige Meter entfernt in der Kunstsammlung gut 300 Menschen beim Kraftwerk-Symposium über die Mechanisierung von Musik und Musikern, die als Generatoren Töne erzeugen. Das passt.

Was indes nicht passt, aber schön ist: Boettcher selbst ist aus Fleisch und Blut — und widerspricht energisch, als ihn jemand fragt, ob er sich als Bandmitglied fühle: „Nein!“ Dazu ist selbst er zu sehr Mensch, nicht Maschine.