Magersucht auf Fotos gebannt

Galerie Voss in der Altstadt zeigt ab Freitag krankhaft dünne Frauenkörper.

Düsseldorf. Die Fotos zeigen abgemagerte, gesichtslose Frauen mit unnatürlich langen Armen und Beinen. Personifizierte Mahnungen: Schlankheitswahn und das Abdriften in eine lebensbedrohende Krankheit liegen nah beieinander. "Die Bilder sind bewusst ironisch überzeichnet", sagt die Fotografin Ivonne Thein zu ihrer Serie mit dem Titel "32 Kilo", die ab Freitag in der Galerie Voss, Mühlengasse 3, zu sehen ist.

Thein hat Frauen fotografiert, die in der Realität normalgewichtig sind, sie aber nachträglich am Computer zu klapperdürren Gestalten verfremdet. "Ich habe nicht mit ,echten’ Magersüchtigen gearbeitet. Es war mir wichtig, auf manipulierte Ideale einzugehen", erklärt sie. Um die Mechanismen der Modeindustrie zu entlarven, die unentwegt Bilder vermeintlich perfekter Menschen in die Welt schickt, hat Thein diese Manipulation bewusst konzeptionell eingesetzt.

Die Idee dazu hatte sie, als sie vor einigen Jahren einen Artikel über die Pro-Ana-Bewegung gelesen hat, die ein abgemagertes Erscheinungsbild zur Maxime erhoben hat. "Ana" steht für Anorexia nervosa, also Magersucht. "Der Schock über diese Bewegung hat mich zu diesem Projekt geführt.

Außerdem fand ich spannend, welche große Rolle die Fotografie dabei spielt", sagt Thein. Denn die ProAna-Anhängerinnen stellen Fotos prominenter Mager-Vorbilder ins Netz, die oft mit Hilfe von Bildbearbeitungsprogrammen dürrer gemacht wurden, als sie wirklich sind.

Dass heute manche Labels und Magazine bewusst auf Models mit weiblicheren Formen setzen, hält Thein für unehrlich. "Die Modeindustrie arbeitet im Großen und Ganzen immer noch mit solchen Mitteln", sagt sie. Viele Designer glaubten, dass ihre Kollektionen nur an dünnen Körpern richtig zur Geltung kommen. "Bilder werden nicht mehr hinterfragt", meint Thein. "Meine Fotos spielen daher mit bewusst eingebauten Fehlern. Man wird gezwungen, ihre Echtheit anzuzweifeln."

Mit "Fehlern" meint sie etwa die medizinischen Bandagen, mit denen die Frauen auf ihren Fotos eingeschnürt sind. "Sie dienen als Verweis auf eine physische und psychische Erkrankung. Damit drängen sie die Ästhetik der Modefotografie zurück."

Die Bilder sollen daran erinnern, dass wir uns längst an essgestörte Models gewöhnt haben - also an ein Krankheitsbild, das nicht ästhetisch, sondern erschreckend ist.