Konzert Gracie Abrams in Düsseldorf: Ein Abend voller Emotionen und Pop-Magie

Düsseldorf · So verzaubert Gracie Abrams die Mitsubishi-Electric-Halle.

Foto: Abby Waisler

Gespielt haben hier gefühlt schon alle. Die Ehrentafel im Umlauf der Mitsubishi-Electric-Halle, die früher ja einmal nach einem niederländischen Elektrokonzern benannt war und für viele Menschen der Region ewige Konzertheimat des Herzens ist, platzt aus allen Namens-Nähten und ist jederzeit einen ausgiebigen nostalgischen Blick wert. Die pure Pop- und Rock-Historie. Über Generationen hinweg. Und doch denkt man an diesem Abend im Februar 2025 zwei Stunden lang, dass nichts je über eine mit 7000 jungen, sich die Seele aus dem meist weiblichen Leib singenden Menschen gefüllte Halle gehen kann, in der eine Künstlerin am Beginn ihrer Karriere auf der Bühne steht. Was sehr viel – wenn nicht alles – über Gracie Abrams aussagt.

Die 25-Jährige aus Los Angeles hat gerade eine Zeit im Windschatten ihrer großen Freundin hinter sich, in der sie sich allen Hindernissen und Widrigkeiten ausweichend im Rase-Tempo nach vorne katapultierte: 2023 und 2024 eröffnete Gracie Abrams zig jener Mega-Konzerte, mit denen Taylor Swift den Erdball überzog. Und bei Swifties gilt das ungeschriebene Gesetz: Taylors Freundinnen und Freunde sind auch unsere Freundinnen und Freunde und für sie stellen wir uns auch gerne schon zehn Stunden vor der Show vorm Eingang an und verkaufen den Laden aus.

Sie hätte sich also schon selten dämlich anstellen müssen, um es da noch irgendwie zu versaubeuteln und in Mini-Clubs und halbgefüllten Hallen zu versauern. Und tat dies selbstredend nicht. Vielmehr beweist Gracie Abrams, dass sie traumwandlerisch sicher und ganz gehörig talentiert ihre eigene Facetten in den stets fruchtbaren Boden des Popmusikfeldes pflanzt: Sie ist noch mehr Folk und noch mehr dezente Indie-Pop-Akteurin als Swift.

Und sie ist genauso klar und fokussiert wie die derzeitige Queen of Everything: Gracie Abrams reißt trotz ihres jungen Alters und gerade einmal zwei veröffentlichten Alben ein üppiges zweistündiges Set mit 24 Songs runter. Sie hat das Publikum und nach Wasser gierende oder mit dem Handy nach Sanitätern und Ordnern leuchtende Fans jederzeit ebenso im Blick wie die zig um sie herum gleitenden Kameras. Sie liefert Geschichten von Teenage Angst und gebrochenen Herzen, stellt die Liebe über alles andere auf dieser nicht selten so lieblosen Welt.

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Sie lächelt ganz und gar innig, wenn die Fans plötzlich Wellen mehrstimmiger Gesänge aussenden und diese sich dann an Wänden und Decke brechen und wiederhallen. Und sie fordert beseelt auf, beseelt zu sein und das zu tun, für was Popmusik einst erfunden wurde: „Feel free to express yourself. Leave and feel yourself more afterwards.“ Soll heißen: Geht aus euch heraus. Habt keine Scheu. Und wenn dann hinterher die Saal-Lichter wieder aufflackern nach famosen Ohrwürmern wie „Risk“, „I love you, I’m sorry“, „Mess it up“ oder „Close to you“, zu dem sich sogar Moshpits – gleichwohl ohne wüste Testosteron-Rempeleien – bilden, dann wünsche ich, Gracie, mir, dass ihr euch selbst mehr fühlt und liebt als je zuvor. Viel mehr geht nicht. Gracie Abrams steht jetzt auf der Hallen-Ehrentafel in Düsseldorf. Und wird bei der nächsten Tour in irgendeinem Stadion stehen.