Junges Schauspiel Düsseldorf Jugendliche diskutieren bei „Unbubbled“ über die Bundestagswahl
Düsseldorf · Kurz vor der Bundestagswahl haben junge Menschen bei einer Talkveranstaltung des Schauspielhauses über ihre Wünsche und Sorgen diskutiert. Bei Snacks und Getränken erfuhren sie, was ihre Stimme bewirken kann.
In knapp zwei Wochen findet die vorgezogene Bundestagswahl statt. Doch die Entscheidung, wem man seine Stimme gibt, fällt vielen Menschen schwer. Das gilt insbesondere für junge Wähler: Wo kann ich mich über die Positionen der Parteien informieren? Und macht meine Stimme überhaupt einen Unterschied? Über solche und andere Fragen rund um das Thema Wählen konnten sich Jugendliche aus Düsseldorf nun im Talkformat „Unbubbled“ im Jungen Schauspiel Düsseldorf austauschen.
Unter dem Motto „Demokratie: Du hast die Wahl“ diskutierten die Teilnehmenden in Kleingruppen über ihre Wünsche und Befürchtungen in Bezug auf die Bundestagswahl, verfolgten Kurzvorträge von Experten und stellten ihr Wahl-Wissen bei einem Quizspiel unter Beweis. Anschließend konnten sich die Jugendlichen bei Pizza und Getränken im Foyer austauschen oder in der Soundbox des vom Familienministerium geförderten Bundesprogramms „Demokratie leben!“ ihre Wünsche für die Zukunft der Gesellschaft artikulieren.
Menschen mit unterschiedlichen Meinungen zusammenzubringen und miteinander statt übereinander zu reden: Das sind die Ziele der Veranstaltungsreihe „Unbubbled“, die der Jugendbeirat des Jungen Schauspiels ins Leben gerufen hat. Das Format gibt es seit Oktober des vergangenen Jahres. Es richtet sich vor allem, aber nicht ausschließlich an junge Menschen aus Düsseldorf, die sich in lockerer Atmosphäre respektvoll miteinander austauschen möchten.
Denn die D’Insiders – so nennen sich die Mitglieder des Jugendbeirats – haben festgestellt, dass es für junge Menschen kaum öffentliche Räume gibt, um komplexe gesellschaftliche Themen miteinander zu besprechen. Und dass politische Diskussionen oftmals im Streit enden: „Bei Themen wie Demokratie, Meinungsfreiheit oder Antisemitismus eskalieren Gespräche schnell“, sagt Kirsten Hess, Dramaturgin und stellvertretende Leiterin des Jungen Schauspiels Düsseldorf. Das habe die D’Insiders gestört, so sei die Idee zu „Unbubbled“ entstanden.
Jugendbeirat legt
unterschiedliche Themen fest
Bei jeder Veranstaltung der Reihe gibt der Jugendbeirat ein bestimmtes Thema vor, über das sich die Teilnehmenden in Kleingruppen austauschen. Dazu laden die D’Insiders auch unterschiedliche Experten ein, die in Kurzvorträgen Wissenswertes zum jeweiligen Themenkomplex erzählen. „Die erste ‚Unbubbled‘-Diskussion hat im Oktober zum Thema ‚Meinungsfreiheit‘ stattgefunden“, berichtet Hess. „Dann wurde über das Re-Posten von Beiträgen in den sozialen Medien diskutiert, und beim dritten Treffen ging es um die Leistungsgesellschaft.“
Eigentlich habe der Jugendbeirat nach drei intensiven Monaten eine Veranstaltungspause einlegen wollen. Dann aber sei die Ampelkoalition geplatzt und die Bundestagswahl weit vorgezogen worden. „Weil da nur wenig Zeit bleibt, sich mit der Politik der Parteien auseinanderzusetzen, haben die D’Insiders den heutigen Termin zum Thema Wahlen anberaumt“, erklärt Hess: „Viele junge Menschen haben ernsthafte Befürchtungen zum Ausgang der Wahl. Was bedeutet das für freiheitliche Rechte, für Entwicklungsmöglichkeiten?“ Das Format sei deshalb mit gemeinsamen Spielen und Pizzaessen bewusst so gestaltet, dass neben der ernsten Diskussion auch der Spaß nicht zu kurz kommt.
Für Spaß sorgt an diesem Abend unter anderem das Quizspiel zum Auftakt: Bei der Wissens-Pong-Challenge treten die Teilnehmer in zufällig ausgelosten Fünfergruppen gegeneinander an, die jeweils nach einem der 16 Bundesländer benannt sind. Dabei gilt es Punkte zu sammeln, indem Tischtennisbälle in Getränkebecher geworfen und Fragen rund um das Thema Wahlen richtig beantwortet werden.
Und die sind teilweise ganz schön knifflig: Dürfen Gefängnisinsassen in Deutschland wählen? Ist es erlaubt, ein Selfie aus der Wahlkabine in den sozialen Netzwerken zu posten? Und wie wählen eigentlich blinde Menschen? Da müssen sich die Teams erst mal beratschlagen. Eine gute Gelegenheit, die anderen Gruppenmitglieder besser kennenzulernen. Denn genau darum geht es bei „Unbubbled“ ja in erster Linie: die eigene Blase zu verlassen und in einen Diskurs zu kommen.
Für noch mehr Wahl-Wissen sorgen an diesem Abend zwei Experten. Der Politikwissenschaftler Henrik Domansky von der Heinrich-Heine-Universität erklärt, wie die Thesen für den Wahl-O-Mat entstehen. Er selbst gehört zu einem Team, das die Entwicklung des Frage-und-Antwort-Tools der Bundeszentrale für politische Bildung unterstützend begleitet. Anschließend erläutert Marcello V. Orlik vom Anti-Fake-News-Blog „Volksverpetzer“, was die eigene Stimme bei einer Wahl bewirkt. „Demokratie ist leider Arbeit“, erklärt er den jungen Zuhörern im Saal. Sein Appell: „Wenn ihr euch ziemlich sicher mit eurer Wahl sein wollt, dann informiert euch so gut wie möglich. Steckt ein bisschen Arbeit rein, geht wählen.“
Um Befürchtungen und Wünsche in Bezug auf die bevorstehende Bundestagswahl geht es dann in der anschließenden Gruppendiskussion. Die größte Sorge der jungen Menschen: der wachsende Extremismus in Deutschland. Viele fürchten auch, dass die CDU irgendwann mit der AfD koalieren könnte. Kein Wunder, dass sich viele von ihnen wünschen, schon mit 16 Jahren an der Bundestagswahl teilnehmen zu dürfen. Zum Abschluss gibt es ein Positionierungsspiel, bei dem die Teilnehmer über den Verlauf des Abends Bilanz ziehen. Zur Frage, ob sie heute etwas Neues dazugelernt haben, positionieren sich alle positiv.
Nach 90 intensiven Minuten haben sie sich die Pizza im Anschluss redlich verdient.