Sie wollen ein Zeichen setzen Geschwister organisieren ersten Düsseldorfer Kneipentag
Düsseldorf · Die Gastrokultur, die einst der längsten Theke ihren Namen gab, hat ein Imageproblem. Die Geschwister Max und Lisa Pirch wollen mit einer stadtweiten Kampagne wieder mehr junge Leute für sie gewinnen.
Die Altstadt hat schon bessere Tage erlebt. Viele alteingesessene Kneipen haben dichtgemacht und wurden zumindest teilweise nicht ersetzt. Zwiebel, Till Eulenspiegel, Pinte und Pille, Wolke und zuletzt auch die Kneipe – die knapp 100 Meter zwischen Mühlenstraße und Ratinger Straße über die Liefergasse spiegeln diesen gefühlten Niedergang auf leidvolle Weise wider. Auch anderswo in Düsseldorf verschwinden Eckkneipen und Traditionsgaststätten zusehends aus dem Stadtbild und werden, wenn überhaupt, durch Döner-Buden, Burger-Läden oder – neuerdings – Restaurants mit asiatischer Fusionsküche ersetzt.
Ein Geschwisterpaar möchte dem entgegenwirken. Pia und Max Pirch organisieren am 20. Juni den ersten Düsseldorfer Kneipentag und erhoffen sich, dass von diesem Event eine Signalwirkung ausgeht. Das Vorbild ist klar: der Düsseldorfer Büdchentag, der dem Kiosk als gesellschaftliche Institution zu neuem Ansehen verholfen hat.
Max Pirch ist der Kopf hinter dem Label „Kneipensport“, verkauft mit dem entsprechenden Schriftzug auf Hoodies, Shirts und Caps hippe Mode. Klar erhofft sich er sich auch, mit der Aktion den Bekanntheitsgrad seiner Lifestyle-Marke zu steigern, „das hat aber keine Priorität“, beteuert er. „Wir wollen vielmehr durch solch moderne Events, durch konsequentes Netzwerken und weitere Kooperationen mit lokalen Partnern die Kneipen als soziale Treffpunkte stärken und neue Impulse setzen.“ Der erste Kneipentag am 20. Juni findet bei der Brauerei Kürzer, Fichtenstraße 21, statt – ab nachmittags und bis in die Nacht hinein. „Einen besseren Ort für unsere Auftaktveranstaltung hätten wir nicht finden können, dort kann man sich gut ausbreiten. Das Kürzer-Team hat sich sehr aufgeschlossen unseren Ideen gegenüber gezeigt“, sagt Pia.
Folgeveranstaltungen sollen
die Community stärken
Vorgesehen sind Livemusik auf einer Bühne, womöglich auch eine Ausstellung, ein Foto-Shooting. Bei kleineren Pop-up-Events im Vorfeld gab es zudem schon mal eine spontane Tattoo-Aktion. „Wichtig ist aber vor allem, dass wir die Menschen in Düsseldorf und der Umgebung für die Bedeutung der Kneipenkultur sensibilisieren und die Vielfalt der Kneipenszene so bewahren“, betont Pia. „Wir wollen dazu beitragen, dass wieder jüngere Menschen den Weg in die Kneipe finden, sie als Treffpunkt wahrnehmen und als cool empfinden“, ergänzt Max.
Mit Corona habe es diesbezüglich einen Bruch gegeben. Junge Erwachsene hätten sich zunächst aus der Not ins häusliche Umfeld zurückgezogen – und dann erkannt, dass diese Alternative sehr viel billiger ist. „Und es finden sich auch nur noch wenige, die sich überhaupt daran herantrauen, eine Kneipe zu übernehmen, weil die Kosten explodieren und die bürokratischen Hürden hoch sind“, erzählt Pia.
Vorausgesetzt, dass der erste Kneipentag ein Erfolg wird – und davon geht das Geschwisterpaar fest aus, hofft auf bis zu 400 Besucher – soll es natürlich Folgeveranstaltungen geben, um die Community zu stärken, das Wir-Gefühl auszubauen und noch mehr Partner und Sponsoren aus der Wirtschaft zu akquirieren. Rabattaktionen könnten dabei ebenso wie die digitale Vernetzung grundsätzlich helfen. „Die Kneipe braucht einfach etwas frischen Wind“, meint Max.
Wie auch immer: Die längste Theke der Welt kann ein bisschen Image-Aufpolierung wahrlich gut gebrauchen, und das gilt eben nicht nur für die Altstadt, sondern auch für die Stadtteile, wo die gut besuchte Stammkneipe zunehmend zur Ausnahmeerscheinung wird. „Die Kneipenkultur ist ein Herzstück der Düsseldorfer Geselligkeit, aber sie steht unter Druck. Das Kneipensterben bedroht nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch einen wichtigen Teil des sozialen Lebens. Daher wollen wir die Kneipenkultur feiern, ein Zeichen setzen und diesem Trend entgegenwirken“, betont Lisa Pirch. Denn die gute alte Kneipe hat weit mehr zu bieten als nur Theke und Herrengedeck, ist ein Raum der Begegnung, an dem gelacht und gelebt und nur manchmal einer über den Durst getrunken wird.