museum kunst palast: Der Mann mit dem Blick fürs Glas
Museum Kunst Palast: Helmut Ricke hat Düsseldorf zu einer Glassammlung von Weltrang verholfen. Jetzt nimmt er Abschied.
Düsseldorf. Helmut Ricke gehört nicht zu den Selbstdarstellern unter den Museumsleuten. Die Glassammler wissen das zu schätzen und überhäuften das Glasmuseum Hentrich unter dem Dach des Kunstmuseums Düsseldorf mit Schenkungen und Dauerleihgaben. Wenn Düsseldorf heute die weltweit wichtigste Sammlung des Jugendstil-Glases besitzt, so ist das seine Leistung. Wenn die Sammlung nur vom Victoria & Albert Museum in London übertroffen wird, so ist dies ihm und seinen unzähligen Freunden und Mäzenen zu verdanken. Als er 1972 anfing, besaß Düsseldorf 2500 Glasobjekte. Jetzt, da er in Pension geht, sind es 11000 Stück. Drei von vier Gläsern kamen als Geschenk ins Haus.
Ricke kommt aus einer Familie, in der das Kunsthandwerk gleichberechtigt neben der Kunst rangiert. Der Vater war Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Hannover, die Mutter Innenarchitektin und Emailkünstlerin mit internationalen Auszeichnungen. Ricke musste sich nicht schämen, wenn er vom Glas fasziniert war und die "unglaubliche Vielfalt des transparenten Materials " lobte.
Eine seiner ersten Taten aus den frühen 1970er Jahren war der Ankauf einer völlig intakten Schale aus der vorrömischen Antike des 4. Jahrhunderts vor Christus. Das Stück, das ein persischer Händler anbot, kostete 25000 Mark. Vier Wochen später ersteigerte der Schah von Persien ein weniger vollkommenes Exemplar aus jener Zeit für 370000 Mark. "Etwas Glück gehört auch zum Sammeln", ist Rickes Erfahrung.
Er ist zugleich ein praktischer Mensch, der das Kunstmuseum über alle Katastrophen hinweg geführt hat. Brand, Wasserschäden, Säureattentat, Diebstahl oder Einsturzgefahr - Ricke sprang als stellvertretender oder kommissarischer Leiter ein und dirigierte Feuerwehr oder Handwerker.
Vita Helmut Ricke wurde 1943 in Posen geboren; er ist verheiratet und hat zwei Söhne. 1970/71 kam er mit einem Zeitvertrag ans Kunstmuseum. Als dort ein Wissenschaftler für die Grupello-Schau gesucht wurde, sprang er nicht nur ein, sondern brachte die berühmte Barock-Ausstellung zum Erfolg. Er promovierte über die Skulptur der Spätrenaissance und blieb am Haus.
Karriere: 1976 wurde er Kustos für Plastik, Kunstgewerbe und Glas, 1977 stellvertretender Direktor am Kunstmuseum, 1990 zusätzlicher Leiter des neu gegründeten Glasmuseum Hentrich. Von 2000 bis heute ist er Direktor der Sammlungen und Leiter des Glasmuseum Hentrich. Ricke ist Mitglied in zahlreichen Fachausschüssen der Glas-Welt.
Verabschiedung Morgen wird er um 17 Uhr in der Tonhalle offiziell verabschiedet. Weil der Nachfolger erst in vier Monaten kommt, bleibt er mit einem Anschluss-Vertrag noch vier Monate länger.