Feuilletönchen – Die Kulturkolumne Musikalisches Fasten – wie könnte das gehen?

Düsseldorf · In unserer heutigen Kolumne denkt unser Kulturredakteur über seine etwas andere Art des Fastens nach.

Symbolfoto.

Foto: dpa/Lukas Schulze

Es ist gute Tradition, während der Fastenzeit auf liebgewonnene Laster zu verzichten. Auch, wenn man dies vielleicht nicht aus religiös-spirituellem Hintergrund heraus tut, kann Verzicht, ein Sich-Beschränken, ein bewussterer Umgang mit Lastern und Leidenschaften für die 40 Tage der Fastenzeit sehr heilsam sein. Musik nun als Laster zu bezeichnen, geht vielleicht etwas zu weit, aber immerhin gehört es für viele zu einem unverzichtbaren Begleiter ihres Lebens und ist mit viel Emotion und Hingabe verbunden.

Ich möchte gerne den Aschermittwoch zum Anlass nehmen, mal darüber nachzudenken, wie ein – nennen wir es – „musikalisches Fasten“ aussehen könnte. Hierbei erscheint mir ein strikter Verzicht auf Musik als doch etwas zu harsch, auch wenn über einen Monat ohne Musik sicherlich ein interessantes Experiment sein dürfte. Wie verändert sich unser musikalisches Hören? Entsteht so etwas wie eine musikalische Entschlackung? Oder wird die Sehnsucht nach Musik so groß, dass man sich doch dazu verführt sieht, Musik zu hören. Wenn, dann kann es nur um das bewusste Hören gehen. Musikalische Fetzen wird man in unserem Alltag immer aufchnappen und mit Ohrstöpseln durch den Supermarkt zu laufen, um bloß nicht die Hintergrundmusik zu hören, hat zwar komödiantischen Pfiff, ist aber dann doch zu viel des Guten.

Reizvoller als breitgefächerter Verzicht  erscheint mir indes die Idee des Fastens – in Bezug auf Musik – eher als eine „Bewusstmachung“ oder Konzentration zu verstehen. Wie könnte das aussehen? Eine Möglichkeit wäre, sich von musikalischem Ballast derart zu befreien, dass man sich vornimmt, ganz bewusst in diesen Tagen nur bestimmte Musik zu hören, vielleicht welche, die man vorher nicht oder nur wenig kannte. So beispielsweise kann jemand, der eher in den Charts zu Hause ist, sich vornehmen, klassische Musik für sich zu entdecken – oder andersherum. Vielleicht auch mal sich ganz der Musik eines bestimmten „klassischen“ Komponisten widmend. Musikalisches Fasten kann auch bedeuten, sich jeden Tag ein Stück Musik „vorzunehmen“ und bewusst zu hören. Musik mehr als Kunstwerk begreifen zu lernen, als nur bloßes Konsumgut. Welche Musik das dann ist, ist natürlich sehr individuell. Wie wäre es, wenn ein „Klassikhörer“ sich mal ganz bewusst Rock zuwendet und Schätze dieser Musik für sich herausfischt?

Ob dies funktioniert, weiß ich nicht, einen Versuch ist es zumindest wert.