Opernregisseur Michael Schulz Ein selten gespieltes Juwel

Düsseldorf · Michael Schulz ist Intendant am Gelsenkirchener Musiktheater im Revier. Nun bringt er Mozarts „La Clemenza di Tito“ an den Rhein.

Michael Schulz am Regiepult im Düsseldorfer Opernhaus.

Foto: Daniel Senzek/DOR

Schon früh kam Michael Schulz mit „La clemenza di Tito“ in Berührung. Aber nie zuvor ergab es sich, dass er das Mozart-Werk auch inszenierte. „Der Titus hat sich lange Zeit gelassen“, sagt der Regisseur kurz vor der Düsseldorfer Premiere am Samstag: „Ein Juwel, wenn auch selten gespielt. Die Gesangspartien sind extrem anspruchsvoll und nicht leicht zu besetzen, darum führt diese Oper ein kleines Schattendasein.“

Michael Schulz holte sie ans Licht, mit erstklassigen Sängern und einer Dirigentin, die ihn begeistert: „Marie Jacquot hat großen Anteil an der Energie, die in unserer Inszenierung steckt.“ Im Februar 2021 war sie reif für die Aufführung, wurde wegen der Schließung aber auf den Herbst verschoben. Der Regisseur gibt sich entspannt und erwartungsfroh: „Wir alle haben das Gefühl, das muss jetzt raus.“

Schulz studierte
Regie in Hamburg

Die Arien und Ensembles seien „Mozart at its best“. Doch nicht allein die Musik fasziniert ihn bei seiner Arbeit: „Mich interessiert immer auch der gesellschaftliche und historische Kontext und die Frage, wie es gelingen kann, ein Stück in unserer Gegenwart zu verankern.“ Mozart, Leos Janácek und Benjamin Britten hält er für die größten „Menschenerzähler“ unter den Komponisten: „Diese drei sind dicht dran an der Art, wie Menschen miteinander umgehen. Das Großartige ist, dass sie nichts bewerten – da der Böse, dort die Ätherische, Jungfräuliche. Das alles erfüllt Mozart hier mit immenser Verknappung und ohne verkünstelte musikalische Sprache. Er schafft es, die Sänger glänzen zu lassen und die Figuren mit all ihrer Zerbrechlichkeit und ihren Unbilden sichtbar zu machen.“ Das Thema wirke zunächst zurückgewandt, aber bald werde spürbar, dass sich weit mehr dahinter verbirgt, nämlich Spannung und Tiefe.

Ähnlich beeindruckt ist Schulz von Wagners Werken, die er häufig in Szene setzte: etwa den „Ring des Nibelungen“ als Operndirektor am Nationaltheater Weimar, „Parsifal“ bei den Osterfestspielen Salzburg oder „Tristan und Isolde“ am Musiktheater im Revier, wo er seit 2008 Generalintendant ist: „Wagners Stoffe haben unglaublich viel mit der Zeit zu tun, in der er lebte“, erläutert der Regisseur: „Dennoch ragen sie durch ihre Allgemeingültigkeit und eine Musik voller Suggestionskraft heraus. Das glaubhaft darstellen zu können, fasziniert mich unendlich. Für mich ist Wagner nie auserzählt, ich entdecke immer wieder Neues und habe bei jeder Arbeit das Gefühl, dem Stück zum ersten Mal zu begegnen.“ Schulz studierte Regie an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Sein Weg hätte ihn auch zum Sprechtheater führen können. Warum wurde es die Oper? „Ohne Musik kann ich nicht leben“, antwortet er. „Auch beim Schauspiel musste für mich immer Musik dabei sein. Also dachte ich mir: Geh’ besser gleich zur Oper.“

Seine Leidenschaft fürs Musiktheater entbrannte wegen der Möglichkeit, große Emotionen auf die Bühne zu bringen. „Für den einen oder anderen mögen Opern artifiziell wirken, für mich nie“, stellt er klar. Sein musikalisches Spektrum ist breit. Es reicht von den wuchtigen Tragödien über die „Dreigroschenoper“ bis zur heiteren „Fledermaus“. In naher Zukunft wird Schulz den „Sommernachtstraum“ inszenieren, „Das schlaue Füchslein“ und den „Rosenkavalier“. Wonach wählt er seine Angebote aus? Mal lockt ihn der Stoff, mal die Musik. Und manchmal gar nichts, wie bei „Carmen“. Mehrfach angeboten, mehrfach abgelehnt: „Damit kann ich nichts anfangen. Ich komm einfach nicht ran an dieses Stück.“