Rod Gonzalez (Die Ärzte): „Punk spielt sich im Kopf ab“
Die Ärzte kommen in den Dome. Die WZ sprach vorab mit Rodrigo „Rod“ González.
Düsseldorf. Herr González, das neue Album ist gleichzeitig auch ein Brettspiel. Sind die Ärzte Spielefans?
Rodrigo González: Wir sind keine Spielefreaks, aus dem Alter sind wir raus. Bei uns wurde auch nie vor oder nach den Konzerten Skat oder Ähnliches gespielt. Das Album stellt das Spiel des Lebens dar und damit kann man sich gut die Zeit vertreiben, wenn man das Album hört — alles ganz oldschool ohne Maus und Touchpad.
Konzerte der Band sind meist kurz nach den Terminankündigungen ausverkauft. Macht Ihnen dieses Phänomen auch manchmal Angst?
González: Die Zeit, in der wir davor Angst hatten, ist schon neun oder zehn Alben her. Natürlich macht man sich schon Gedanken, ob man die inzwischen sehr hoch gelegte Latte noch immer schaffen kann. Aber damit können wir inzwischen gut und flexibel umgehen. Und für das Zusatzkonzert in Düsseldorf gibt es noch Karten, da kann es auch Sinn machen, einfach abends zur Halle zu kommen.
Spüren Sie noch so etwas wie Erfolgsdruck?
González: Nein, das gab es mal bei der ersten Platte beim eigenen Label, die mit Songs wie „Männer sind Schweine“ voll durchgestartet ist. Aber die Band kann mit Erfolgsdruck nicht funktionieren. Wir sind nicht dazu gemacht, mit aller Gewalt einen Hit zu produzieren. Wenn die richtigen Themen und Ideen da sind, machen wir ein Album — sonst nicht.
Die Ärzte gelten als unberechenbar — wie wichtig ist Ihnen dieser Freiraum?
González: Wir werden gerne nach dem Rezept der Band gefragt und die Unberechenbarkeit ist da ein wichtiger Faktor. Ohne diese wären wir eine beliebige Rockband. Es ist uns auch wichtig, uns selbst immer wieder zu überraschen, sei es mit neuen Songs im Studio oder auch auf der Bühne. Bei uns gibt es beim Auftritt keine fertige Inszenierung. Das macht es für alle abwechslungsreicher und spannender.
Ist das nach 30 Jahren Bandgeschichte auch eine Motivation, immer weiterzumachen?
González: Das ist ganz wichtig. Bevor wir uns im Studio treffen, macht jeder seine Songs und da wird vorab auch nichts verraten. Jeder ist gespannt, wie die beiden anderen reagieren, und freut sich, wenn die eigene Idee ankommt und die anderen sich totlachen.
Das hört sich ein klein wenig nach Kindergeburtstag und gelungenen Geschenken an.
González: Ja, damit kann man es vielleicht vergleichen. Es ist immer ein spannender Moment, wenn es darum geht, ob ein Song genial oder bescheuert ist. Diesmal haben wir die Auswahl direkt bei den Aufnahmen getroffen.
Im ersten Song des Albums wird die Frage gestellt, ob das noch Punkrock ist. Beschäftigt Sie das selbst auch manchmal?
González: Das sind Fragen, die uns von außen gestellt werden. Wie unsere Musik definiert wird, damit haben wir nichts zu tun, das machen andere Leute. Wir haben nur die Linie, dass unsere Musik zur Band passen muss. Punk ist eine Sache, die sich im Kopf abspielt, und die sich nicht unbedingt in der musikalischen Ausdrucksform widerspiegeln muss.
Gibt es, bevor Sie auf die Bühne gehen, Rituale?
González: Nein, eigentlich nicht. Natürlich guckt man am Tag davor, ob es irgendein böses Omen gibt. Aber ganz ernst kann man das nicht nehmen. Mein einziges Ritual ist, dass ich immer, bevor ich auf die Bühne gehe, einen Schluck kräftigen Kräuterschnaps trinke, der mich so richtig wachrüttelt (lacht).
Welche Beziehung haben Sie zur Tote-Hosen-Stadt Düsseldorf?
González: Ich kenne die Stadt nicht so gut, ich weiß, wie ich zur Kö und in ein paar Kneipen komme. Außerdem habe ich viele Freunde in der Stadt, mit denen ich mich aber eher in Hamburg oder Berlin treffe. Was die Hosen angeht, sind wir locker mit der Band befreundet, hängen aber nicht ständig zusammen oder fahren gemeinsam in Urlaub. Wenn wir uns treffen, haben wir Respekt voreinander, tauschen uns aus und trinken auch mal gerne einen zusammen.
Was bedeutet Ihnen Freundschaft in der Band?
González: Das ist zentral für uns. Bela und Farin sind Menschen, auf die ich mich immer verlassen kann und die mir auch mal die Meinung sagen, wenn es nötig ist. Nur ein reines Arbeitsverhältnis unter Kollegen wäre undenkbar. Wir machen ja nicht Dienst nach Vorschrift.