Kultur Rolando Villazón begeistert mit Charme, Witz und Clownerien
Düsseldorf · Bei der Gala debütierte der einstige Star-Tenor auf Düsseldorfs Opernbühne. Trotz Stimmkrise wollte der mexikanisch-französische Welt-Star wieder beweisen, dass er als Sänger noch nicht abgemeldet ist.
Sein Name zieht immer noch – Rolando Villazón, Star von gestern. Der 47-jährige Frauenschwarm debütierte jetzt als Sänger auf Düsseldorfs Opernbühne bei der 15. Gala des Freundeskreises, in voll besetzter Rheinoper. Zusammen mit stilsicheren Symphonikern unter Axel Kober und Ensmble-Solisten, die stimmlich Villazón um einiges überlegen waren. So konnte man sich nach gut zwei Stunden fragen, wer eigentlich an dem Abend Stargast war. Villazón (wie im goldglänzenden Programmheft angekündigt) oder doch eher die Spanierin Elena Sancho Pereg? Mit ihrem lyrischen, leicht schwebenden und leuchtenden Sopran könnte sie gut ein Star von morgen sein. In der Arie der Linda (Linda di Chamounix von Gaetano Donizetti) hob sie mühelos ab in Stratosphärentöne, lieferte lupenreine Koloraturen, unangestrengt und spielerisch.
Villazón will beweisen, dass er als Sänger nicht abgemeldet ist
Mit Charme, Witz und Clownerien reißt Rolando Villazón Fans immer wieder mit. Und begeistert. Zwar hat der Star-Tenor von einst, der bis 2008/2009 an der Seite von Anna Netrebko auf Weltniveau sang, längst seine strahlenden, bombensicheren Höhen eingebüßt, für die er einst Spitzengagen kassierte. Doch trotz Stimmkrise, die ihn vor einigen Jahren gebeutelt hat, will der Lockenkopf mal wieder beweisen, dass er als Sänger noch nicht abgemeldet ist. Obwohl er als Regisseur und Autor mittlerweile erfolgreicher ist, zum Beispiel in Düsseldorf, wo er vor zwei Jahren Donizettis „Don Pasquale“ in Szene setzt und 2019/2020 Vincenzo Bellinis „I Puritani“ herausbringen wird.
Bei der Gala müht sich Villazón in der Tenor-Romanze aus Giuseppe Verdis „L’esule“, singt meist in der Mittellage. In einigen Phrasen erkennt man seine warme, wohlig dunkel timbrierte Stimme, die eher zu einem lyrischen Bariton passt denn zu einem auftrumpfenden Belcanto-Tenor. Höhere Lagen tippt er kurz an. Unsicherheiten sind hörbar. Geschickt rudert er zurück, rettet sich als Sängerdarsteller in dramatische Attacken, vermeidet hohes Register und reißt mit einem finalen Forte die Fans mit.
Jubel auch nach Gioachino Rossinis Rausschmeißer „La Danza“: Er galt vermutlich dem Spitzentenor von damals, der sich, wie manche seiner Kollegen, zu schnell verausgabt hat. Denn der gehaltene hohe Spitzenton (wie auf Youtube von 2007) fehlt. Egal. Ungebrochen scheinen Villazóns Temperament, Tempo und Pantomime, hochgezogene Augenbrauen inklusive.
Sicherer und entspannter wirkt der Mexikaner mit französischem Pass in den Zarzuelas (eine Art spanischer Operette) und den drei Zugaben. In der Romanze aus „La del Soto del Parral“ klingt Villazón schon eher wie ein Tenor, wenn auch hier hohe Töne nur angehaucht werden. Und im Duo mit der spanischen Sopranistin Elena Sancho-Pereg (aus „El Gato montes“) rettet sie ihn: Ihre finalen Spitzentöne überstrahlen alles, so dass man Villazóns Stimme nur erahnt.
Begeisterten Jubel für Bravur-Arien ernteten ebenso Bogdan Baciu mit martialisch finstererem und metallischem Bariton (als Macbeth und als Graf Danilo), Luiza Fatyol mit sicherem, lyrisch-dramatischem Sopran (Hanna Glawari und Violetta/La Traviata). Und Mezzosopran Maria Kataeva, die zwar nicht immer schöne, aber ganz schön laute Töne von sich gibt. Amüsant, informativ und mit einem Schuss Ironie auch die lockere Moderation von Stephen Harrison.