Theater: Die Folter hat viele Gesichter

Als grausig-komisches Märchen inszeniert Daniela Löffler im „Unter Haus“ am Gründgens-Platz „Der Kissenmann“. Das Stück kommt oft wie ein Märchen daher, lässt sich aber nicht durchgängig so leicht einordnen.

<strong>Düsseldorf. Er hat doch nur Geschichten geschrieben, der Mann mit dem seltsamen Namen Katurian Katurian. Nun wird er von zwei Polizisten verhört, die nicht den geringsten Zweifel an ihrer Folterbereitschaft aufkommen lassen. Bis hierher scheint sich der anglo-irische Autor Martin McDonagh an Kafka orientiert zu haben. Dann wird’s witzig und brutal zugleich, stand also auch Quentin Tarantino Pate? Die Mischung ist nicht für jedermann bekömmlich, die Rezensentin bekennt sich zur Unverträglichkeit von dieser Art Folter-Comedy. "Der Kissenmann", das preisgekrönte Stück voll schwarzen Humors, lässt sich nicht so leicht einordnen. Wie ein Märchen kommt es oft daher, und um das Geschichtenerzählen dreht sich alles. Katurians Texte sind nämlich gesättigt mit Gewalt an Kindern, und nun sind in der Realität solche Verbrechen geschehen. Er ist also verdächtig, ebenso sein geistig behinderter Bruder. Je mehr man von den deprimierenden familiären Hintergründen erfährt, desto spannender wird die Aufführung im Keller des Schauspielhauses. Die fünf Männer spielen in der Inszenierung der jungen Regisseurin Daniela Löffler packend und intensiv: Patrick Heyn und Urs Peter Halter als Inspektoren Tupolski und Ariel (Shakespeare mit seinen Grausamkeiten sollen wir also auch nicht vergessen!), Markus Danzeisen als junger Katurian, Denis Geyersbach als sein Bruder - und besonders eindrücklich: Christoph Müller als angeklagter Schriftsteller. Wie ihn die Angst packt; wie er leidet, auch wieder aufbegehrt, wenn sein Stolz als Autor verletzt wird; wie sein Bruder ihn anrührt und zugleich zur Weißglut treibt, das kann Müller in immer neuen Nuancen zeigen. Die Folter hat viele Gesichter, auch komische: Wenn ihm Tupolski seinerseits eine selbst erfundene Geschichte vorträgt, dann kann man in Katurians Mimik ablesen, dass ein Autor auch von schlechten Texten gefoltert werden kann.

Personen erstarren wie Comic-Figuren in verzerrten Gesten

Beate Kornatowska hat weiße Würfel auf die Bühne gestellt, die in immer neuen Kombinationen umgestellt werden, was manchmal etwas umständlich wirkt. Daniela Löffler hat absurde Momente eingebaut, in denen die Personen wie Comicfiguren in verzerrten Gesten erstarren. So betont sie die groteske Dimension. Auch die Folterszenen sind wie ein Clownsspiel inszeniert: Lachen gegen den Schrecken? Oder alles nur Theater, erfundene Geschichten? Aber welche Gewalt in der Sprache liegen kann, das führt uns "Der Kissenmann" auf unheimlich-düstere Weise vor.

1 ¾ Std., Auff.: 12. und 27. 4., 21 Uhr, Karten: 0211/36 99 11