Konzert Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys – Klamauk und Nostalgie im Dialog
Düsseldorf · Tukur schlüpfte musikalisch in verschiedene Rollen und ließ Songs aus der Schellack-Ära auf schräge Geschichten treffen.
Er ist 1871 geboren und dank versteinertem Dinosaurierdung, den er bei Oetker in Bielefeld in den 30ern ohne Maske zu Backpulver verarbeitete, wurde er nicht mehr älter. Ja, er lebt heute noch, kannte sie alle, die großen Jazz- und Tanzmusikstars der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Hat auch die goldenen und auch weniger goldenen Zeiten erlebt. Nun ja, Ulrich Tukur identifiziert sich ganz und gar mit seinem zwischen seinem innersten Kern und einer Kunstfigur changierenden Bühnencharakter, der gemeinsam mit den „Rythmus Boys“, singt, Klavier spielt, tanzt, viel Klamauk miteinander mischt.
Die Geschichten, die Tukur zwischen den Songs aus den 20ern bis 40ern erzählt, könnten von Münchhausen höchstpersönlich stammen. So auch die Story mit Oetker oder seine Bekanntschaft zu Louis Armstrong und dessen „Sohn“, dem „Schauspieler der Mondlandung“ Neil. Doch bei allem Irrwirtz und Vorwitz – Tukur kann unter der Oberfläche ganz schön frech sein –, strahlt er und seine dreiköpfige Band die so elegante Nonchalance jener Vorbilder aus, die er musikalisch zitiert. Eine ganze Zeit, eine aber auch ambivalente Zeit zwischen Krieg und weltvergessenem Tanz auf dem Vulkan, lassen Tukur, Günter Märtens am Kontrabass, Ulrich Mayer an der Gitarre und Kalle Mews am Schlagzeug wiederaufleben. Dabei erweist sich die Band um Tukur nicht nur als ausgesprochen gewitzt in der Begleitung ihres „Frontmanns“, sondern agieren auch als komödiantische Sidekicks, die immer wieder kleinere eigene Nummern beisteuern. Es wird urkomisch, melancholisch, mal fast traurig. Hin und wieder möchte einem das Lachen etwas bitter werden. Humor und 40er Jahre können sich vertragen, tun dies bei Tukur auch, doch ein düsterer Unterton bleibt immer wie ein Schatten präsent.
Dabei ist das, was Tukur und seine Band machen, durch und durch eine kleine – höchst persönliche Reise durch Hits aus der Schellack-Ära. Tukur ist sicherlich kein übermäßig feingeschliffener Sänger, kein vollends virtuoser Tastenkünstler, doch in seiner feinen nostalgisch-angespitzen Art transportiert er eine musikalische Leichtigkeit, die ihre Wirkung wunderbar entfalten kann. Diese Leichtigkeit tendiert im zweiten Teil – man trägt schließlich Schlafanzug – fast zum Dadaistischen. Wie herrlich komisch!
„Grüß’ mir den Mond“, so der Name ihres Programms, mit dem sie nun auch in der Düsseldorfer Tonhalle zu Gast waren. Und diese schräg-mondhafte Stimmung sorgte für jubelhafte Stimmung beim Publikum.