Volksbühne Düsseldorf „Wir brachten Briketts mit ins Theater“
Die Volksbühne Düsseldorf ist in Deutschland eine der größten Besucherorganisationen. Von den Nazis wurde sie einst verboten.
Düsseldorf. „Wenn Gustaf Gründgens auftrat, war es immer voll“, erinnert sich Friederike Wilms an die Zeit kurz nach dem Krieg. Die 92-jährige Grande Dame der Düsseldorfer Volksbühne war lange Geschäftsführerin der Publikumsorganisation, die noch heute zu den drei größten ihrer Art in Deutschland und zur größten in Nordrhein-Westfalen zählt. Schon 1921 hatte der Demokrat und Sozialist Mathieu Högener den Verein in Düsseldorf ins Leben gerufen.
Er wollte möglichst vielen Menschen mit preiswerten Karten Eintritt ins Kulturleben verschaffen. Den Nazis war das nicht recht, die Volksbühne wurde verboten. Vor 70 Jahren gründete Högener sie mit seinem Sohn, dem späteren Oberstadtdirektor Gerd, erneut. Das war auch die Zeit, als Friederike Wilms durch ihre Heirat von München nach Düsseldorf kam und in den Freundeskreis der Familie Högener eintrat. „Zu den Vorstellungen in der Oper und im Theater brachten wir Briketts mit“, erzählt sie. Und wenn Gründgens dann Lieder wie „Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da“ gesungen habe, das sei schon ein großes Ereignis gewesen.
Dabei waren die Zeiten damals alles andere als leichtlebig: Im Hofgarten wurden auf dem Schwarzmarkt Geschäfte gemacht. Damals, vor der Währungsreform, geriet dort der junge Högener einmal mit einer Aktentasche voller Banknoten in eine Polizeikontrolle. Es waren etwa 15 000 Reichsmark, die er präsentierte. Er soll gesagt haben: „Sie werden es nicht glauben, aber ich kaufe dafür Theaterkarten.“ Doch die Polizei glaubte es ihm. Die „Kulturfreunde Düsseldorf“ bekamen ihre Billets.
Diesen Namen trug der Verein, bevor er kurze Zeit später wieder Düsseldorfer Volksbühne hieß. Im vergangenen Jahr hat er sich erneut geändert. Mit dem Namen „Kultur am Rhein“ will man zeigen, dass die Publikumslobbyisten längst nicht mehr nur Theater und Oper in Düsseldorf im Blick haben. Auch ins Ruhrgebiet und bis nach Köln reichen die Angebote, zu denen Konzerte ebenso zählen wie Betriebsführungen oder Tanzkurse.
„Als wir die Computer eingeführt haben, hat sich das Programm verändert“, sagt Wilms, die auch heute noch gern in der Oberkasseler Geschäftsstelle der Volksbühne vorbeischaut. Ihr Nachfolger Stefan Jürging sagt: „Die Menschen haben Lust auf anderes und auf mehr.“ Immer kurzfristiger entscheide man, was und wo man sehen wolle. Ein nicht ganz leichter Paradigmenwechsel für den gemeinnützigen Verein.
11 500 Mitglieder zählt er zurzeit, häufig bleiben Mitgliedschaften in den Familien und werden vererbt. Für sechs Euro pro Jahr gibt es mindestens zehn Vorstellungen pro Saison zum vergünstigten Preis. Jürging: „Manche sagen, dass ihnen am besten gefällt, wenn wir sie irgendwo hinschicken.“ Andere wissen genau, welche Wünsche sie auf ihrer Kartenbestellliste vermerken.
Im Schnitt sparen die Zuschauer zehn bis 30 Prozent beim Eintritt. Doch auch die Gemeinschaft ist ein Grund für viele, Mitglied der Volksbühne zu sein. Ein Gefühl, das für Friederike Wilms damals vor 70 Jahren viel zählte, als sie in der Familie Högener von der Idee der Volksbühne erfuhr. Bis heute ist sie ihr viel wert.