Problematische Siedlung in Düsseldorf Einsatz gegen Dreck und Ärger

Düsseldorf · Die LEG kämpft gegen Müll und Kriminalität. Die Lage hat sich bereits gebessert – es gibt jedoch noch viel zu tun.

Volker Weigel, Thomas Klaus und Anne-Marie Fuhrer (v.l.) von der LEG möchten das Verhältnis zu den Mietern der Siedlung verbessern.

Foto: RP/Dominik Schneider

Seit rund drei Jahren gehört dem Immobilienkonzern LEG die Siedlung Hassels-Nord. Als die Geschäftsführung 2017 den Entschluss fasste, in das Hochhausviertel zu investieren, wusste sie, dass ihr eine große Aufgabe bevorstand. Denn der Sozialraum gehört nach Angaben der Stadt zu denjenigen in Düsseldorf, in denen der größte Handlungsbedarf besteht. Als Eigentümer ist die LEG in der Verantwortung, für Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit zu sorgen. „Das hier wird keine Nobelsiedlung“, sagt Volker Wiegel, operativer Vorstand der LEG, „aber wir arbeiten daran, das schlechte Image dieser Gegend sukzessive aufzuwerten.“

Über 3000 Menschen leben in rund 1400 Wohneinheiten im Sozialraum Hassels-Nord. Die Kennzahlen für den Bereich sind deutlich: Fast 30 Prozent der Erwachsenen haben keine Arbeit, die Übergangsquote zur Hauptschule liegt mehr als doppelt so hoch wie im Stadtdurchschnitt, die zum Gymnasium auf rund der Hälfte. Die Stadt ist um die Verbesserung dieser Umstände bemüht.

Die LEG will vor allem das schlechte Image der Siedlung bekämpfen. Sie hat den Namen Haselnuss-Siedlung für den Sozialraum eingeführt. „Wenn jemand sagt: ,Ich komme aus der Haselnuss-Siedlung’, und sein Gegenüber sagt ,Ah, nett’, dann haben wir unser Ziel erreicht“, so Vorstand Wiegel.

Firma Musterknaben achtet vor Ort auf die Abfallentsorgung

Direkt vor Ort arbeitet Thomas Klaus an diesem Ziel. Er ist Objektbetreuer und hat täglich mit den Problemen des Sozialraums zu tun. Die ersten 18 Monate hat er mit dem von der LEG beauftragten 24-Stunden-Sicherheitsdienst zusammengearbeitet, inzwischen ist nur noch tagsüber ein externer Anbieter, die Firma Musterknaben, vor Ort: Dieser achtet darauf, dass sowohl die Bewohner der Siedlung als auch Auswärtige zum Beispiel keinen Abfall im öffentlichen Raum entsorgen.

„Müll ist hier ein großes Problem“, weiß Thomas Klaus. Immer wieder bilden sich wilde Müllkippen. Die Ursprünge, das hat die LEG herausgefunden, liegen häufig gar nicht in der Siedlung selbst. „Über Jahre hinweg haben Unternehmen von außerhalb – Handwerker oder auch ein Reifenhändler – nach Feierabend ihren Abfall hier abgeladen, und die Anwohner haben irgendwann ihren Müll dazugestellt“, berichtet Klaus. Dieser Teufelskreis konnte durchbrochen werden, weil nach einem Tipp der Bewohner der Sicherheitsdienst die Verantwortlichen abfangen konnte. „Seither hat sich die Situation mit dem Müll merklich verbessert“, sagt Klaus. Gelöst ist das Problem allerdings noch nicht. „Es ist fast immer dreckig hier“, sagt ein Anwohner. Neben den großen, offenen Müllkippen stören ihn vor allem die kleinen Ablagerungen überall in der Siedlung.

Auch Uwe Warnecke, Grünen-Ratsherr, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Familienverbandes sowie aktiv im Mieterverein Düsseldorf, sagt: „Wir sehen hier eine positive Entwicklung, die allerdings noch nicht abgeschlossen ist.“ Er lobt vor allem den Einsatz der Musterknaben im Kampf gegen den Müll. „Die LEG hat 2017 hier ein kaputtes Quartier mit viel Dreck und Kriminalität übernommen, und man merkt, dass sie bemüht ist, die Situation in den Griff zu bekommen“, so Warnecke. Auch Dirk Angerhausen, Ratsherr und Vorsitzender der CDU Reisholz/ Hassels, beobachtet eine positive Entwicklung. Er setzt dabei auf den Runden Tisch. Vor allem in der Hochzeit der Probleme in Hassels Nord vor einigen Jahren trafen sich hier regelmäßig alle Beteiligten: Mietervertreter und soziale Einrichtungen, Politik, Polizei und Feuerwehr, um an den Schwierigkeiten zu arbeiten. Dieser Usus ist in den vergangenen Jahren eingeschlafen, im Integrationsausschuss wurde jedoch beschlossen, ihn wieder aufzunehmen. Anfang 2021 könnte das erste Treffen stattfinden.

Doch nicht nur von oben muss Veränderung kommen, auch die Bewohner müssen mitziehen. „Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Spielregeln des Zusammenlebens für alle Menschen in der Siedlung klar sind“, sagt Anne-Marie Fuhrer. Als Leiterin der Niederlassung ist sie für die strategische Planung in Hassels zuständig. Ein wichtiger Faktor dabei: Das Verantwortungsgefühl fördern.

Und das, so Fuhrer, erreiche man am besten mit einem guten Beispiel: So hat die LEG drei Spielplätze renoviert und durch radikalen Grünschnitt die Treffpunkte für zwielichtige oder illegale Aktivitäten zerstört. In den vergangenen drei Jahren hat die LEG mit einem Falkner die Tauben in der Siedlung bekämpft und mit Netzen davon abgehalten, in die offenen Treppenhäuser der Hochhäuser zu fliegen. Diese Netze wurden teils von den Bewohnern zerstört und dann an der Außenseite neu angebracht. „Wir lernen hier immer wieder dazu“, sagt Thomas Klaus. Bei den oft nicht ganz einfachen Bemühungen, eine Kooperation mit den Mietern zu erreichen, setzt die LEG auf Familien. Die Jugendeinrichtung Jumpers dient als Anlaufpunkt und ein dunkler Durchgang soll bald von Jugendlichen künstlerisch gestaltet werden.

Ein weiteres Problem: Feuer. Früher hat es in Hochhäusern überdurchschnittlich oft gebrannt. Anfang Dezember musste die Feuerwehr an die Potsdamer Straße zu einem Kellerbrand ausrücken. Die Kriminalpolizei ermittelt wegen der Brandursache.

Wohnungen wurden teilweise handwerklich schlecht renoviert

Grund für die sozialen Unruhen ist auch, dass der Vorbesitzer der Siedlung, ein Investor, für viel Ärger mit den Mietern gesorgt hat: Er hat die Wohnungen renoviert, dies teils handwerklich schlecht, und die Preise erhöht. Das führte zu Wegzug, Leerstand und Unzufriedenheit. Auch deshalb war der Start für die LEG in Hassels sehr schwierig. Hinweise auf Fehlverhalten einiger Mieter gehen immer wieder bei der LEG ein. „Denen müssen wir natürlich nachgehen, wenn wir sie ignorieren, würde das das Verhältnis der Menschen zu uns trüben“, so Thomas Klaus.

Gerade hier liegt jedoch ein Problem, dass Mieter sowohl im Gespräch mit Uwe Warnecke als auch bei Dirk Angerhausen angesprochen haben: Die Erreichbarkeit der LEG, vor allem für Menschen, die nicht über Zugang zu digitalen Kanälen verfügen. „Viele Menschen würden sich einen regelmäßige Ansprechzeiten für Probleme in den Wohnungen und der Siedlung wünschen“, sagt Warnecke. Die LEG nennt als wichtigste Kanäle ihre Servicenummer und Mailadresse, es gibt ein Mieterportal und eine App. Thomas Klaus ist ansprechbar, eine feste Sprechstunde gibt es jedoch bisher nicht.

165 Maßnahmen hat die LEG nach eigenen Angaben seit 2017 umgesetzt, vom Setzen von Pollern gegen Falschparker bis zu Kameraüberwachung in Treppenhäusern. LEG-Vorstand Wiegel gibt sich optimistisch: „Wir sehen hier große Fortschritte, auch wenn das in der Außenwahrnehmung bisher nicht so angekommen ist.“ Man müsse den Zustand mit der Ausgangslage von 2017 vergleichen. „Abgeschlossen ist das Projekt Haselnuss-Siedlung aber noch lange nicht – und wird es vermutlich auch nie vollständig sein.“