Litfaß-Säulen laufen weiter rund

Die nostalgischen Werbeträger haben einen neuen Betreiber. 600 Säulen wurden komplett aufgehübscht.

Foto: Sergej Lepke

Als Ende vergangenen Jahres einige Litfaß-Säulen abgebaut wurden, meldeten sich besorgte Leser bei der WZ. Die befürchteten, das letzte Stündlein hätte geschlagen für die mehr als 150 Jahre alten Traditions-Werbeträger und sie würden komplett verschwinden. Doch keine Angst. Litfaß-Säulen wird es auch weiter in Düsseldorf geben. Dafür sorgt Norman Enderle. Er ist seit Herbst dafür verantwortlich, dass das Geschäft mit den runden Plakatwänden auch weiter rund läuft und ist guten Mutes: „Litfaß-Säulen sind auch weiterhin ein Hingucker für die Menschen. Sie funktionieren als Werbeträger.“

Foto: Sergej Lepke

Die schwäbische Firma Ilg hat die Säulen im Herbst vergangenen Jahres von Wall übernommen. Waren es ursprünglich mal 900 Litfaß-Säulen im Stadtgebiet, sind davon inzwischen nur noch 600 übrig. Dabei soll es auch bleiben. Enderle hat sie inzwischen alle fotografiert und hatte als Neu-Düsseldorfer so gleich Gelegenheit, die Stadt kennen zu lernen: „Die meisten stehen im Bereich der Innenstadt und den umliegenden city-nahen Stadtteilen. Wenn es in die Außenbezirke wie Garath oder Kaiserswerth geht, gibt es Säulen hauptsächlich nur an den Ausfallstraßen.“

Auch wenn es nicht jedem sofort auffällt: Fast alle Säulen sind inzwischen aufgehübscht worden und haben eine neue Einfassung bekommen. Ansonsten will Norman Enderle an den Traditions-Werbeträgern wenig verändern: „Wir haben einige Säulen, die sind beleuchtet. Etwa zehn bisher.“ Dazu gibt es die zehn Säulenheiligen, die von dem Künstler Christoph Pöggeler gestaltet wurden und quer über das Stadtgebiet verteilt sind: „Auch die haben wir übernommen. Warum sollen wir daran etwas ändern?“ Der Künstler hat die Skulpturen übrigens inzwischen noch einmal überarbeitet, damit sie wie neu aussehen.

Säule ist übrigens nicht gleich Säule. „Es gibt drei verschiedene Sorten,“ erklärt Norman Enderle. 50 sind ausschließlich der Kultur vorbehalten, dann gibt es 250 gemischte Säulen, auf denen für alles Mögliche geworben wird. Die anderen 300 werden komplett nur an einen Kunden vermietet.

An Interessenten mangelt es nicht. Viele Firmen wollen nicht irgendeine Säule, sondern eine ganz bestimmte. Wenn die ProWein stattfindet, haben sich die Badischen Weinproduzenten die Säule auf dem Bahnhofsvorplatz reservieren lassen, auf der Pögellers „heiliger“ Fotograf steht. Die Tonhalle wirbt am liebsten an der Graf-Adolf-Straße für ihre Veranstaltungen.

Warum Litfaß-Säulen auch heute noch bei den Kunden begehrt sind? „Weil das Preis-Leistungsverhältnis stimmt“, ist Enderle überzeugt. Was die Rundum-Werbung kostet, hängt vom Standort und davon ab, wie viele Menschen dort vorbei kommen. Enderle: „Der Durchschnittspreis liegt bei 28 Euro pro Tag. In der Regel hängen die Plakate dann jeweils zehn Tage. Das ist überschaubar und der Kunde weiß, was er hat.“

Dafür, dass alle Plakate pünktlich hängen, sorgt ein Team von sechs Klebern, die alle Hände voll zu tun haben. Als 1854 die erste Litfaß-Säule in Berlin aufgestellt wurde, galten übrigens strenge Regeln. Da war bald gesetzlich vorgeschrieben, dass alles pünktlich geklebt sein musste. Denn damals waren die Litfaß-Säulen nicht nur Werbeträger, auch offizielle öffentliche Bekanntmachungen wurden so unters Volk gebracht. Das hat sich inzwischen geändert. Sonst eigentlich nichts. Norman Enderle ist jedenfalls überzeugt: „Die Litfaß-Säule hat eine Zukunft.“