Bernd Biermann vom Fußballkreis Düsseldorf „Für die Amateure vielleicht gar nicht so schlecht“

Düsseldorf · Auch der Amateurfußball leidet unter dem Virus, auch ihm fehlt Geld. Bernd Biermann vom Fußballkreis Düsseldorf erwartet harte Zeiten, sieht darin aber auch eine Chance.

Fußballschuhe und Lederball braucht derzeit niemand. Auch in den Amateurligen ist die Saison unterbrochen.

Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb/Bernd Weißbrod

Nicht nur die Profivereine in der Bundesliga haben mit den Spielausfällen wegen des Coronavirus zu kämpfen, auch den Amateurfußball treffen sie hart — sportlich wie wirtschaftlich. Über die Situation im Fußballkreis Düsseldorf mit seinen 67 Vereinen aus Düsseldorf, Ratingen, Hilden, Erkrath und Teilen von Meerbusch spricht Bernd Biermann, seit 2012 Vorsitzender.

Herr Biermann, haben Sie eine derartige Situation in Ihrer langen Funktionärslaufbahn schon mal erlebt?

Bernd Biermann: In dieser Form habe ich das noch nicht erlebt, Es hat mal Absagen gegeben für ein, zwei oder drei Spieltage hintereinander, aber mit dieser Wucht ist es noch nicht auf den Amateurfußball niedergeprasselt.

Bei den Profis wird darüber debattiert, ob und wie man die Saison noch zu Ende bekommen soll. Da geht es auch um Entscheidungen wie Meisterschaft, Europapokal, Auf- und Abstieg. Gibt es bei den Amateuren ähnliche Diskussionen oder haben Sie es aufgrund der wirtschaftlichen Lage einfacher mit einer möglichen Annullierung der Saison?

Biermann: Nein, nein, lassen Sie das Wirtschaftliche erst mal beiseite, aber die Vereine, die um Auf- und Abstieg spielen, sind auch bei uns sehr daran interessiert, die Saison durchzuführen. Das ist der normale sportliche Ehrgeiz.

Was gibt es denn für Optionen, sie durchzuführen?

Biermann: Im Moment haben wir die Optionen durchgespielt, wenn die Absage sich auf den Zeitraum bis 19. April beschränkt. Dann werden wir das wahrscheinlich noch hinbasteln können. Von daher ist der Fußballausschuss sehr optimistisch.

Das kann momentan aber ja niemand vorhersehen. Was passiert, wenn auch in den nächsten zwei, drei Monaten nicht gespielt werden kann?

Biermann: Dann haben wir ein Problem. Wir können nur das Gleiche machen, was auch oben im Profibereich passiert: Man kann die Tabelle lassen, wie sie jetzt ist. Man kann alles annullieren. Aber was ist richtig und was ist falsch? Wir sind letztens Ende immer bei dem Punkt: Wie man es macht, ist es falsch.

Hinzu kommt: Geht die Saison über den 30. Juni hinaus, gibt es ja auch im Amateurbereich Vertragsprobleme, weil ein Spieler dann vielleicht für einen Verein spielen muss, bei dem er gar keinen Vertrag mehr hat.

Biermann: Das ist richtig, das betrifft vor allem unsere oberen Klassen und die Vertragsamateure.

Was Sie ebenfalls mit den Profis gemein haben: Es gibt bezahlte Trainer und Spieler auf der einen, Zuschauereinnahmen und Sponsoren auf der anderen. Christian Seifert von der Deutschen Fußball Liga spricht von Existenzproblemen der Bundesligisten, sind die auch im Amateurbereich zu befürchten?

Biermann: Ich kann es mir vorstellen. Weil die angesprochenen Vertragsamateure Menschen sind, die Geld bekommen. Und auch wenn ein Verein nur 200 bis 400 Zuschauer hat, sind das Einnahmen. Jetzt fehlen die, es wird auch kein Würstchen und kein Bier mehr verkauft.

Manche Klubs betreiben ja auch ihr Vereinsheim selbst, das bei Heimspielen oder großen Spielen im Fernsehen voll ist...

Biermann: Richtig, das fällt nun auch alles weg. Das wird einige vor wirtschaftliche Probleme stellen.

Auch wenn sie selbst genug Probleme haben: Können Sie sich vorstellen, dass die Profis den Amateuren unter die Arme greifen? Die kleinen Klubs in den Stadtteilen oder Dörfern sind ja die Basis für alles.

Biermann: Das kann ich mir nicht vorstellen. Es wäre natürlich schön, aber oben haben wir reine Wirtschaftsunternehmen, die schauen, wie sie selber klarkommen. Aber auch bei uns wird der ein oder andere den Gürtel enger schnallen müssen.

Also auch die Spieler von Kreis- bis Oberliga?

Biermann: Ja, und den Gürtel enger schnallen, ist für den Amateurbereich ja auch vielleicht gar nicht so schlecht.

Weil es auch bei den Amateuren zu viel Geld im Umlauf ist?

Biermann: Das ist ja immer das heiß diskutierte Thema bei uns. Wenn man die Vereine fragt, sagen die alle immer: Wir zahlen nichts. Aber die Realität sieht natürlich anders aus. Und wenn die Kohle nicht mehr da ist, sage ich mal etwas flapsig, wird der ein oder andere Klub sagen: Tut mir leid, Spieler A, B, C, ich kann es nicht mehr.

Sie erhoffen sich von der ganzen Situation auch eine Art Reinigung des Amateurfußballs?

Biermann: Ich könnte es mir vorstellen. Wenn denn einige mal darüber nachdenken, dass wir wirklich Amateursport betreiben, der zum Spaß gespielt werden sollte.

Das ist doch ein schönes Schlusswort.

Biermann: Wollen wir hoffen, dass so viele Menschen wie möglich gesund bleiben. Das ist ein schönes Schlusswort.